Weltweites Einkommen: Welches Einkommen besteuert man in welchem Land?

 

Wer über ein weltweites Einkommen verfügt, ist steuer­pflichtig. Die Frage ist, in welchem Land muss man die Steuern bezahlen?

 

Inhalts­ver­zeichnis

 

Bedeutung von Wohnsitz und Ansässigkeit

 

Wer in Deutsch­land einen Wohnsitz hat oder sich hier längere Zeit aufhält und über ein weltweites Einkommen verfügt, ist mit seinem weltweiten Einkommen auch steuer­pflichtig. Das ist in den meisten anderen Ländern ebenso. Man spricht von unbeschränkter Steuer­pflicht. Einige Länder, wie z.B. die USA knüpfen die unbeschränkte Steuer­pflicht an die Staats­an­ge­hö­rig­keit. Deshalb sind die US-Bürger immer in den USA steuer­pflichtig, auch wenn sie dort keinen Wohnsitz haben. Sie sind dann aber gleich­zeitig in dem Land unbeschränkt steuer­pflichtig, in dem sie wohnen.

 

Es gibt Menschen, die haben Wohnsitze in verschie­denen Ländern. Sie sind dann folglich in all diesen Ländern unbeschränkt steuer­pflichtig, müssten theore­tisch ihr gesamtes Weltein­kommen deshalb mehrfach versteuern. In den Fällen, in denen ein DBA überhaupt existiert wird, dann vorab die sogenannte Ansäs­sig­keit bestimmt. Im Steuer- und Sozial­ver­si­che­rungs­recht ist das dort, wo man seinen Mittel­punkt der Lebens­in­ter­essen hat. Verein­facht ausge­drückt ist der Mittel­punkt der Lebens­in­ter­essen dort, wo das Herz schlägt. Meist ist das am Wohnort der Familie. Aber auch die Freizeit­ge­stal­tung und Hobbies sind Anknüp­fungs­punkte. Kommt man hier zu keiner eindeu­tigen Zuord­nung der Lebens­in­ter­essen zu einem Land, wird nach Einkunfts­quellen und Ort der Vermö­gens­in­ter­essen gefragt. Führt alles zu keinem Ergebnis, entscheidet die Staatsangehörigkeit.

 

 

Geklärte Ansässigkeit

 

Wenn die Ansäs­sig­keit erst einmal geklärt ist bedeutet dies aber noch nicht, dass man dort auch sein gesamtes Einkommen versteuert. Die Ansäs­sig­keit verdrängt auch nicht die paral­lele unbeschränkte oder beschränkte Steuer­pflicht in mehreren Staaten. Die Ansäs­sig­keit ist im Sinne der DBA jedoch bestim­mend dafür, wie das DBA in den zu jeder Einkunftsart separaten Artikeln zu lesen und zu verstehen ist.

 

Beispiel:

  • Ungeachtet ihrer Herkunft sind Zinsen und Dividenden im Land der Ansäs­sig­keit des Empfän­gers zu versteuern.
  • Einkünfte aus Arbeit­nehmer-Tätig­keit in einem Land sind trotz Ansäs­sig­keit am anderen Staat dort steuer­pflichtig, wo die Tätig­keit ausgeübt wird. Bei Grenz­gän­gern oder Geschäfts­füh­rern spielt die Ansäs­sig­keit dann aber doch wieder eine Rolle.
  • Einkünfte aus der Vermie­tung eines Grund­stücks sind in dem Land steuer­pflichtig, in dem die Immobilie liegt. Die Ansäs­sig­keit spielt keine Rolle

 

 

Einkünfte aus dem Ausland

 

Man kann in einem Land auch eine Einkunfts­quelle haben, ohne dort zu wohnen. die meisten Länder besteuern dann das Einkommen aus dieser Quelle. Man spricht in diesen Fällen von beschränkter Steuer­pflicht. Folglich kann man in mehreren Ländern zugleich unbeschränkt steuer­pflichtig sein und parallel in weiteren Ländern beschränkt steuer­pflichtig. So aber würde inter­na­tio­nale Zusam­men­ar­beit nicht funktionieren.

 

 

Vermeidung der Doppelbesteuerung – DBA

 

Deshalb haben viele Länder jeweils bilateral Abkommen zur Vermei­dung der Doppel­be­steue­rung (DBA) geschlossen. Es gibt in den DBA zwei Arten die Doppel­be­steue­rung zu vermeiden. Bei der sogenannten Freistel­lungs­me­thode verzichtet eines der betei­ligten Länder auf die Ausübung seiner Besteue­rungs­rechte. Wenn Deutsch­land nach dem Wortlaut des DBA verzichten muss, wird ein Nachweis darüber verlangt, dass das andere Land das entspre­chende Einkommen versteuert hat, oder zumin­dest Kenntnis von seinem Besteue­rungs­recht hatte. Denn man will die Nicht­be­steue­rung von Einkommen vermeiden.

 

Bei der Anrech­nungs­me­thode bestellen beide Länder das entspre­chende Einkommen (unbeschränkt oder beschränkt). Es wird jedoch die im jeweils anderen Land gezahlte und keinem Erstat­tungs­an­spruch mehr unter­lie­gende Steuer auf die natio­nale Steuer­last angerechnet. Bei dieser Methode bleibt man immer auf der höheren der beiden Steuern sitzen. Proble­ma­tisch dabei ist, dass man versäumen darf, einen etwaigen Erstat­tungs­an­spruch im Ausland geltend zu machen. Wenn der auslän­di­sche Staat zu Unrecht meint, das Einkommen besteuern zu dürfen und deswegen Steuern erhebt, muss ein Erstat­tungs­an­trag gestellt und durch­ge­setzt werden. Sonst sind diese Steuern im anderen Land nicht anrechenbar.

 

 

Beispiel Deutschland-Schweiz

 

Eine in Deutsch­land lebende Person erhält Zinsen oder Dividenden aus der Schweiz. Es handelt sich um weltweites Einkommen. Nach dem DBA ist die Schweiz berech­tigt, von solchen Einkünften 35% Quellen­steuer einzu­be­halten. jedoch werden in Deutsch­land ansäs­sigen Personen auf Antrag 20% erstattet. Die gesamten Brutto­ein­künfte aus den Zinsen und Dividenden werden in Deutsch­land versteuert; nur die in der Schweiz zu Recht verblei­benden 15% werden auf die deutsche Steuer­last angerechnet. Wer den frist­ge­recht zu stellenden Antrag in der Schweiz versäumt, hat Pech gehabt und zahlt die Steuern doppelt.

 

 

Wie funktioniert ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA)?

 

DBA sind völker­recht­liche Verträge, die jeweils zwei Staaten bilateral zur Vermei­dung der Doppel­be­steue­rung von Einkommen, Vermögen, Schen­kungen und Erbschaften mitein­ander schließen. Kurz: Die DBA dient dazu, dass weltweites Einkommen nicht doppelt versteuert werden. Es gibt aber deshalb keine inter­na­tional gültigen DBA. Für Umsatz­steuern gibt es überhaupt keine DBA, hier ist Doppel­be­steue­rung deshalb möglich. Kommt es bei Umsatz­steuer zur Doppel­be­steue­rung, wird diese auch durch keinen Mecha­nismus beseitigt.

 

 

DBA = bilaterales Abkommen

 

Da es sich um bilate­rale Abkommen handelt, sind auch keine zwei Abkommen gleich. Das rührt schon daher, dass die DBA in jeweils beiden Landes­spra­chen gefasst sind, wobei beide Sprach­fas­sungen gleich­be­rech­tigt neben­ein­ander stehen. Es ist aber schon unmög­lich, einen Text so zu übersetzen, dass beider­seits dasselbe gemeint ist oder gleich verstanden wird. Wir führen derzeit in einem deutsch-franzö­si­schen Fall ein Verfahren vor dem Finanz­ge­richt, in dem der Steuer­pflich­tige sich vor dem deutschen Finanz­ge­richt auf die franzö­si­sche Sprach­fas­sung beruft. Dazu muss der Richter aber erst einmal selbst gut genug die franzö­si­sche Sprache beherr­schen, oder einen amtlich bestellten Übersetzer finden, der zugleich auch noch eine vertiefte Ahnung vom Steuer­recht hat. Die DBA verlangen daher selbst den Gelehrten einiges ab.

 

Wenn die sprach­liche Hürde überwunden ist, besteht noch nicht zwingend eine fachliche Überein­stim­mung darüber, was im DBA steht. Zwar folgen die meisten Staaten bei der Verhand­lung und in der Ausle­gung dem Muster­ver­trag und der Ausle­gung der OECD. Aller­dings ist die Ausle­gung der OECD nicht verbind­lich, so dass am Ende doch jeder Staat seine eigene Sicht­weise an den Tag legt.

 

 

Unterschiedliche Auslegung von Begriffen

 

So ist z. B. der Begriff „Einkommen aus unselb­stän­diger Arbeit“ in den DBA nicht gleich­be­deu­tend mit dem Begriff „Einkünfte aus nicht­selb­stän­diger Tätig­keit“ im deutschen Einkom­men­steu­er­ge­setz. In den DBA sind damit Einkünfte (weltweites Einkommen) gemeint, die aus der körper­li­chen Ausübung einer Tätig­keit rühren. Das sind

 

  • die Vergü­tung für die ausge­übte Tätig­keit, typisch dafür ist das laufende Gehalt
  • antei­lige Erfolgs­ver­gü­tung, dazu zählen Boni, Tantiemen, Optionen
  • Entschä­di­gung für entgan­genes Einkommen in Gestalt von Einmal­zah­lungen Einkommen als Ausfluss einer früheren Tätig­keit, Renten und Versorgungsbezüge
  • Entgelt für die Übernahme von Verant­wor­tung, dies gilt für Aufsichtsrat und Verwaltungsrat
  • öffent­li­cher Dienst, Leistungen aus öffent­li­chen Kassen
  • Flugbe­gleit­per­sonal

 

Aus Sicht der deutschen Finanz­ämter gehören aber auch Entschä­di­gung für den Verlust des Arbeits­platzes, somit Abfin­dungen zu dieser Einkunftsart. Frank­reich ordnet Abfin­dungen jedoch nicht dieser Einkunftsart zu, sondern behan­delt die als Sonstige Einkünfte. Und schon prüft Deutsch­land nur Artikel 13 des DBA, während Frank­reich den Sachver­halt nach Artikel 18 beurteilt. Man spricht insoweit von einem Quali­fi­zie­rungs­kon­flikt, der nur auf Staats­ebene in einem meist langwie­rigen Verstän­di­gungs­ver­fahren gelöst werden kann.

 

 

DBA – weltweites Einkommen: Die wichtigsten Regelungen werden nachfolgend skizziert:

 

  • Nicht­selb­stän­dige Tätig­keit: Besteue­rung an dem Ort, wo die Arbeit physisch ausgeübt wird. Wenn die Arbeit in mehreren Ländern ausgeübt wird, z.B. im Home Office, dann kommt es zur zeitan­tei­ligen Auftei­lung des Besteue­rungs­rechts zwischen den Ländern.

 

  • Im Verhältnis zu einigen Staaten gibt es beson­dere Regelungen für Grenz­gänger. Diese werden dann trotz Ausübung der Arbeit im anderen Land dort besteuert, wo sie wohnen bzw. ansässig sind.

 

  • Auch für Geschäfts­führer, Vorstände und andere Leitungs­or­gane gibt es in einigen DBA, z.B., Deutsch­land-Schweiz geson­derte Regelungen. Die Besteue­rung des Gehalt erfolgt dann in dem Land, in dem die Gesell­schaft ansässig ist. Vorsicht: die steuer­liche Ansäs­sig­keit der Gesell­schaft ist aber nicht zwingend dort, wo die Gesell­schaft regis­triert ist.

 

  • Aufsichts-/Verwal­tungsrat: Die Besteue­rung erfolgt am Sitz der Gesellschaft.

 

  • Ruhege­halt, Renten: Besteue­rung am Wohnsitz, gilt aber nicht für Renten aus öffent­li­chen Kassen (DRV, AHV), dann meist das “Kassen­staats­prinzip”.

 

  • Vermie­tung Immobi­lien: Besteue­rung in dem Land, in dem die Immobilie liegt.

 

  • Unter­neh­mens­ge­winne: Besteue­rung am Sitz des Unter­neh­mens, außer: es liegt eine DBA-Betriebs­stätte in anderem Land vor

 

  • Zinsen, Dividenden: Wohnsitz des Berech­tigten, jedoch in einigen Ländern Quellen­steuer, die auf Antrag teilweise erstattet wird.

 

In einer Einkom­men­steu­er­erklä­rung sind alle Einkünfte des Steuer­pflich­tigen anzugeben, egal wo sie aufgrund der natio­nalen Gesetze und der DBA zu versteuern sind. Die im Ausland besteu­erten Einkünfte werden im Falle der Freistel­lung zur Berech­nung des Prozent­satzes der Steuer hinzu­ge­zogen, wobei der Prozent­satz nur auf die Im Inland steuer­pflich­tigen Einkünfte angewandt wird. Man nennt dies Progres­si­ons­vor­be­halt oder satzbe­stim­mendes Einkommen.

Zu beachten ist, dass aufgrund der Zuord­nung der Einkünfte zu verschie­denen Ländern es dazu kommen kann, dass man im einen Land Steuern zahlt, während im anderen Land steuer­liche Verluste erklären sind, die man aber über die Grenze nicht mir den positiven Einkünften verrechnen kann. Eine Ausnahme bilden die sog. finalen Verluste, siehe dazu den geson­derten Beitrag.

 

Die Komple­xität der natio­nalen Steuer­ge­setze wird durch die DBA nochmals verstärkt. Daraus ergeben sich etliche Probleme, denn auch die irrtüm­liche Nicht­er­klä­rung von Einkünften wird in jedem Land geahndet. Es erwachsen daraus aber auch Gestal­tungs­mög­lich­keiten. Das wusste schon der 1744 in Frank­furt geborene Bankier und Gründer des Hauses Mayer Amschel Rothschild. Von ihm stammt das Zitat „Die Unkenntnis der Steuer­ge­setze befreit nicht von der Pflicht zum Steuerzahlen.
Die Kenntnis aber häufig”

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    Jürgen Bächle

    Jürgen Bächle

    ist seit 1989 als selbständiger Steuer­be­rater und Experte im inter­na­tio­nalen Steuer­recht tätig und seit über 20 Jahren Mitglied im Vorstand des Deutschen Steuer­be­ra­ter­ver­bandes Baden-Württemberg, DSTVBW.

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