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Grundstück (Finanzierung)

Dieser Beitrag hat zum Ziel, den Inhalt des Grundbuchs, den Zusammenhang von Darlehen und Sicherheiten verständlich zu erklären. Die Abwehr der Vollstreckung in Grundstücke behandeln wir in einem gesonderten Beitrag.

Inhaltsverzeichnis

Grundbuch beim Kauf eines Grundstücks

Es gibt in Deutschland zwei öffentliche Bücher, deren Inhalt von Gesetzes wegen als wahr gilt: das Handelsregister und das Grundbuch. Während sich die Betroffenen über den Inhalt eines Handelsregisterauszuges einigermaßen leicht Klarheit verschaffen können, ist der Regelungsinhalt des Grundbuchs selbst den Notaren weithin unbekannt. Wirkliche Beratung und Belehrung erfolgt bei Grundstückskäufen und Grundschuldbestellungen so gut wie nie. Makler kennen vor allem ihren Honoraranspruch und wie sie diesen beim Notar sichern. Notare können oft schneller vorlesen, als einer zuhören, geschweige denn etwas verstehen kann. Das sei an einem täglich tausendfach widerkehrenden Ritual verdeutlicht:

Ein ganz normaler Fall:

Ein jüngeres Paar erscheint in Begleitung des Maklers und des Verkäufers einer Eigentumswohnung beim Notar. Zuvor waren sie noch bei der Bank, haben einen Kreditvertrag unterschrieben und die Grundschuldbestellungsurkunde mitbekommen. Denn das Geld für die Wohnung bekommen sie nur gegen Eintragung einer Grundschuld im Grundbuch. Es ist jedem klar was geschehen soll: die beiden haben sich zum Kauf der Wohnung entschlossen, ob zur Eigennutzung oder zur Vermietung sei dahingestellt. Sie haben sich jedenfalls auch insoweit zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks zusammengetan.

Grundstücks GbR versus Miteigentumsanteile

Nach § 705 BGB bilden sie eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Eines schriftlichen Vertrages dazu bedarf es nicht. Die beiden hätten allerdings die Möglichkeit, die im Gesetz für die GbR geregelten Rechtsfolgen durch Vertrag anderslautend zu bestimmen. Sie könnten z.B. regeln, wer die Geschäfte führt, wenn einer nicht mehr dazu in der Lage ist. Sie könnten Regelungen vereinbaren, was geschehen soll falls einer in Insolvenz fällt oder zum Pflegefall wird. Sie könnten regeln wie die Gesellschaft notfalls beendet und auseinandergesetzt wird. Sie könnten auch bestimmen, dass die GbR als Eigentümerin der Immobilie ihnen beiden ein persönliches lebzeitliches Wohnrecht einräumt und vieles mehr. Einen solchen Vertrag würden sie auch schließen.

Todesfall

Denn es wäre ihnen wichtig, dass solange sie noch kinderlos sind, auch im Falle des Todes eines von ihnen beiden nicht dessen Verwandtschaft den Grundstücksanteil erbt, sondern dieser beim Partner bleibt. Es wäre ihnen wichtig, dass wenn Kinder da sind und ein Partner stirbt, der andere auch die minderjährigen Kinder gegenüber der Bank vertreten kann und nicht etwa dem überlegenden Elternteil für jedes Kind separat bis zu dessen Volljährigkeit ein vom Gericht bestellter amtlicher Betreuer an die Seite gestellt wird und dieser alljährlich dem Gericht einen Bericht erstatten muss. Es wäre ihnen wichtig, dass im Fall, dass einer durch Unfall, Krankheit, Arbeitslosigkeit oder einfach nur durch Pech in Insolvenz fällt, in das Grundstück vollstreckt wird, ohne dass der andere sich wehren kann. Sie würden auch regeln, was im Falle einer Scheidung passiert, damit sie nicht in einem Rosenkrieg enden, sondern eine gütliche Regelung finden. 

Das hätten sie im Vorfeld des Notartermins mit dem Makler, einem Rechtsanwalt oder ihrem Steuerberater und auch mit dem Notar besprochen. Der Notar würde sie im Termin darüber aufklären, dass sie entweder gemeinsam als GbR kaufen, oder aber jeder für sich allein einen Miteigentumsanteil erwerben kann mit den unveränderbaren gegenteiligen Folgen dessen, was sie in ihrem GbR-Vertrag hätten regeln können. Das hätte keinen Cent mehr gekostet. Bei Miteigentumsanteilen lassen sich solche Regelungen abgesehen von einem Testament generell nicht treffen. Aber es kommt wie fast immer. Die beiden werden nicht gefragt und verlassen das Zimmer des Notars nicht als Grundstücks-GbR, sondern als Miteigentumsgemeinschaft.

Grundbuchauszug

Das Ergebnis könnten Sie einige Tage später lesen, als ihnen der Grundbuchauszug zugestellt wird. Aber wer versteht schon einen Grundbuchauszug. Selbst im Internet wird seitenweise nur erklärt, wie man einen solchen bekommt, nicht aber was darinsteht, wie man ihn lesen und verstehen kann. Dabei hat so ein Auszug nur drei Abteilungen, die aber haben es in sich. Die drei Abteilungen haben eine Rangfolge, was in Abteilung I steht, hat höheren Rang als das was in Abteilung II steht, diese Eintragungen wiederum haben Vorrang vor den Belastungen in Abteilung III. Innerhalb der Abteilungen II und III gelten ebenfalls Rangfolgen, die schon bei der Finanzierung, aber auch beim Verkauf und in der Zwangsvollstreckung Ihre Wirkung entfalten.

Grundstücksfinanzierung, Vertragsgegenstand

Ein Vertrag kommt zustande durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen. Das gilt auch beim Abschluss von Darlehensverträgen. Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften. Das ergibt sich aus § 133 BGB. Maßgeblich ist allein der Wille des Erklärenden, vorliegend des Kreditnehmers. Wer ein Gebäude erwirbt oder eine Umschuldung vornimmt, den interessiert die Finanzierung als Ganzes und nicht nur seine einzelnen Bausteine. Sehr oft werden aber strukturierte Finanzierungen angeboten, die sich aus Förderdarlehen der KfW, Bauspardarlehen kombiniert mit dem Abschluss von Bausparverträgen, Annuitäten- oder Tilgungsdarlehen und Policendarlehen in Kombination mit dem Abschluss von Lebensversicherungen zusammensetzen. Es stellt sich dann die Frage ob jeder Vertrag für sich zu betrachten ist und somit auch einzelne Verträge gekündigt werden können, oder ob nicht die ursprüngliche Willenserklärung beim Abschluss der Verträge so auszulegen ist, das Gegenstand der Geschäftsbeziehung die Finanzierung insgesamt ist.

Haftungsverbund

Davon dürfte jedenfalls dann auszugehen sein, wenn die Absicherung der Kredite im Grundbuch und in der sicherungszweck Erklärung so formuliert ist, dass über mehrere oder sogar alle Kredite hinweg ein Haftungsverbund besteht. Kommt es darüber zum Streit, weil zum Beispiel die Bank ein Darlehen kündigt, andere Verträge aber fortbestehen, so hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. Das Gericht hätte somit auf die Einheitlichkeit des Vertragswerkes abzustellen. Deshalb kommt es wie eingangs dargelegt darauf an, alle im Vorfeld der Verträge geführten Gespräche und die Story zu dokumentieren.

Kommt der Kreditnehmer mit Leistungen aus einem Vertrag in Verzug, kann dies allein noch nicht zur Kündigung des Vertrages führen. Denn für Immobilienkredite gelten nach deutschen Recht Besonderheiten. So muss der Kreditgeber im Vorfeld des Vertragsabschlusses eine Beratung durchführen und diese protokollieren. Die Bank kann den Kreditvertrag kündigen, wenn der Kreditnehmer mit zwei Ratenzahlungen im Verzug ist und der Rückstand bei einer Vertragslaufzeit bis zu drei Jahren mit mindestens 10 Prozent oder bei einer Vertragslaufzeit von mehr als drei Jahren mit mindestens 5 Prozent des Nennbetrags des Darlehens ausmacht. Der Kündigung muss eine schriftliche Mahnung vorweggehen. Es ist aber schon die Frage, ob sich die zwei Raten bzw. der prozentuale Rückstand auf einzelne Verträge beziehen oder auf die Gesamtfinanzierung.

Verbraucher oder Unternehmer?

Verbraucher werden in der Rechtsordnung besonders geschützt. Leider hat die deutsche Regierung die zwingenden Vorgaben der EU aus deren verbindlichen Richtlinie 2011/83/EU über die Rechte der Verbraucher nur zum Teil umgesetzt. Als in Deutschland lebender Verbraucher können Sie sich aber nicht nur auf das BGB, sondern auch auf die Richtlinie berufen und vor allem auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EUGH). An der Stelle schützt der EUGH die Verbraucher wesentlich besser, als die deutsche Rechtsordnung dies tut. 

Sie sollten deshalb wissen, dass die Beurteilung unterschiedlich ausfällt je nachdem, ob Sie in Bezug auf die Immobilienfinanzierung als Verbraucher gelten oder als Unternehmer. Auch dann, wenn Sie eine Immobilie haben, bei der Sie allein oder zusammen mit anderen als Eigentümer eingetragen sind und Sie die Immobilie für Ihr Unternehmen nutzen, sind Sie in Bezug auf die Immobilienfinanzierung in aller Regel Verbraucher. Das gilt selbst dann, wenn Sie die Immobilie in der Steuerbilanz ganz oder teilweise bilanziert haben.

Jürgen Bächle
Jürgen Bächle

ist seit 1989 als selbständiger Steuerberater und Experte im internationalen Steuerrecht tätig und seit über 20 Jahren Mitglied im Vorstand des Deutschen Steuerberaterverbandes Baden-Württemberg, DSTVBW.

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