Startup – Eigenkapital erhöhen und Steuern sparen

 

Tipp für jedes Startup: selbst geschaf­fene, immate­ri­elle Wirtschafts­güter in der Handels- und Steuer­bi­lanz aktivieren

Innova­tive Start-ups sehen sich oft in der Situa­tion, dass sie kräftig in die Entwick­lung ihrer Produkte und Dienst­leis­tungen inves­tieren müssen, bevor diese markt­fähig sind. Dabei ist für sie wichtig zu wissen, ob und wie man selbst geschaf­fene immate­ri­elle Wirtschafts­güter aktivieren kann und welche positiven Effekte man damit erzielt.

 

Inhalts­ver­zeichnis

 

Sicher­lich wird nicht jeder einzelne inves­tierte Euro den Wert der Entwick­lung beein­flussen. Aber es besteht doch Einig­keit, dass es sich im Großen und Ganzen um Inves­ti­tionen handelt und nicht um laufende Kosten. Ob die inves­tierte Zeit und das inves­tierte Geld am Ende unter­neh­me­risch nutzbar gemacht werden, entscheidet sich meist nicht am Beginn der Entwick­lung, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt. Der Entwick­lungs­pro­zess bei einem Startup ist daher infolge Phasen zu unter­teilen, wobei die Abgren­zung unter­schied­lich sein kann:

  • Startup: von der Idee zur Erfindung
  • Entschei­dung zur Gründung eines Unternehmens
  • Aufnahme von Inves­toren, Weiter­ent­wick­lung zur Serienreife
  • Eintritt in den Markt

 

 

Startup: von der Idee zur Erfindung

 

Ob ein Startup eine geniale Idee hat, oder der Entschluss, eine Firma zu gründen, aus der Not heraus geboren wird: Am Anfang steht der Gedanke, für ein bestehende Problem oder eine Markt­lücke eine Lösung zu entwi­ckeln. Es werden Recher­chen angestellt, Zeit und Geld inves­tiert. Ob daraus jemals ein Unternehmen entsteht, entscheidet sich erst zu einem späteren Zeitpunkt. Bis dahin vollzieht sich der Prozess in der steuer­li­chen Privat­sphäre. Das Finanzamt würde einem Startup die Kosten auch dann nur zum Abzug zulassen, wenn ein es nachweist, dass schon zu diesem Zeitpunkt ein Business­plan vorliegt, der zukünf­tige Gewinne voraussagt. 

Im Laufe der Zeit werden die Erkennt­nisse so konkret, dass man das Projekt entweder fallen lässt, oder es einen Grad erreicht, der unter­neh­me­risch nutzbar erscheint. Das ist dann der Zeitpunkt, an dem eine Entschei­dung zu treffen ist. Wer das  unter­neh­me­ri­sche Risiko scheut, gibt entweder auf oder sucht sich einen Partner oder Käufer für die Entwick­lung. Im Falle des Verkaufs wird dann geprüft und entschieden, ob überhaupt, und falls ja, unter welcher Einkunftsart der Gewinn oder Verlust aus dem Verkauf zu versteuern ist.

 

 

Entscheidung zur Gründung eines Startup Unternehmens

 

Wer das unter­neh­me­ri­sche Risiko wagt, für den beginnt jetzt eine neue Phase. Die Entwick­lung verlässt die steuer­liche Privat­sphäre und gehört fortan zum steuer­li­chen Betriebs­ver­mögen. Genau an dieser Stelle begehen Startups oft eklatante Fehler, wenn der Transfer eines materi­ellen oder immate­ri­ellen Wirtschafts­gutes nicht als Einlage behan­delt wird. Wer als Jungun­ter­nehmer seine bisher privat genutzten PCs, seine privat angeschafften Maschinen und Geräte oder sein Auto in das Betriebs­ver­mögen einbringt, muss diese zum Einla­ge­zeit­punkt bewerten und darf künftig von diesem Wert Abschrei­bungen vornehmen. Die im Handels­recht und Steuer­recht unter­schied­li­chen Bewer­tungs­vor­schriften sind zu beachten. Der eigent­liche Wert aber ist materiell nicht greifbar, er besteht in immate­ri­ellen Wirtschafts­gü­tern in Gestalt des Werts der Entwick­lung, Wert der Patente oder anderen Rechten. Ein Patent oder eine Entwick­lung ist soviel wert, wie sie zukünftig an Einnahmen generiert. Das kann sehr viel sein.

 

 

Einlage in die Handelsbilanz – Erhöhung des Eigenkapitals

 

Im Rahmen der Bilan­zie­rung steht ein Existenz­gründer vor einem Ansatz- und Bewer­tungs­pro­blem. Wann darf oder muss ich selbst geschaf­fene, immate­ri­elle Wirtschafts­güter aktivieren? Nach handels­recht­li­chen Vorschriften besteht ein Wahlrecht. Danach dürfen selbst geschaf­fene immate­ri­elle Wirtschafts­güter aktiviert werden. Das führt zu einer entspre­chenden Erhöhung des bilan­zi­ellen Eigen­ka­pi­tals und beein­flusst damit die Bonität des Unter­neh­mens. Steuer­recht­lich ist zu differenzieren.

 

 

Einlage in die Steuerbilanz – Steuern sparen

 

Wer als Startup seine im Privat­ver­mögen befind­liche Entwick­lung oder seine Patente in das Betriebs­ver­mögen einlegt, für den tun sich steuer­liche Möglich­keiten auf, die sich sehen lassen. Entschei­dend ist dabei der richtige Zeitpunkt. Denn ledig­lich zu erwar­tende Nutzungs­vor­teile einer Idee oder Entwick­lung, die sich noch nicht in einem immate­ri­ellen Recht konkre­ti­siert haben, sind steuer­lich noch kein einla­ge­fä­higes Wirtschaftsgut. Die Anfor­de­rungen an ein nach Steuer­recht einla­ge­fä­higes, immate­ri­elles Wirtschaftsgut formu­liert das oberste Finanz­ge­richt, der BFH wie folgt:

 

  • Die Beurtei­lung eines Wirtschafts­gutes ist auf der Grund­lage einer isolie­renden Betrach­tungs­weise vorzu­nehmen; daher kommt es nur darauf an, ob ein anderer, gedachter Kaufmann gerade dieses Wirtschaftsgut extra vergüten würde.

 

  • Das Wirtschaftsgut muss sich zumin­dest soweit wirtschaft­lich verselbst­stän­digt haben, dass es ohne erheb­liche Mitwir­kung des Einbrin­genden vom aufneh­menden Unternehmen genutzt werden kann.

 

  • Patente erfüllen diese Voraus­set­zung regel­mäßig. Aber auch program­mierte Software-Lösungen, entwi­ckelte Rezep­turen sind veräu­ßerbar und damit einlagefähig.

 

Damit ist es besser, die Gründung oder Anmel­dung des Unter­neh­mens erst dann vorzu­nehmen, wenn man diese Anfor­de­rungen erfüllt. Die in das Betriebs­ver­mögen einge­legten, vom Start-up Unter­nehmer selbst geschaf­fenen, immate­ri­ellen Wirtschafts­güter sind dann nach allge­meinen Grund­sätzen zu bewerten. Wer eine wirklich markt­fä­hige Lösung entwi­ckelt hat, bei dem geht es dann oft um sehr hohe Werte, die er privat nicht versteuern muss, von denen aber das junge Unternehmen Abschrei­bungen vornehmen und damit Steuern sparen kann. Sollte das Unternehmen das einge­brachte Wirtschaftsgut inner­halb von 10 Jahren veräu­ßern, erfolgt jedoch eine Nachbe­steue­rung der Einlage. Aber dann ist aus dem Verkauf in aller Regel auch genügend Geld da, um die Steuer zu bezahlen.

 

 

Startup Besteuerung im Zuge von Finanzierungsrunden

 

Oft reichen die Mittel der Unter­neh­mens­gründer nicht aus, um das neue Unternehmen an den Markt zu bringen oder den Markt richtig zu pushen. Zusätz­lich benötigte Mittel können über Crowd­fun­ding oder Darlehen, zum Beispiel Kredite der KfW bezie­hungs­weise über weiteres Eigen­ka­pital beschafft werden.

 

Die Kapita­li­sie­rung über zusätz­li­ches Eigen­ka­pital erfolgt jedoch meist im Rahmen sogenannter Finan­zie­rungs­runden. Zu deren Vorbe­rei­tung wird der aktuelle Stand der Entwick­lung und werden die Markt­chancen in einer Due Diligence Prüfung bewertet und schließ­lich der Wert im Rahmen einer Unter­neh­mens­be­wer­tung ermit­telt. Auf dieser Grund­lage, die regel­mäßig 100% des Unter­neh­mens­werts abbildet, werden dann Anteile am Unternehmen an die Inves­toren abgegeben. Wenn die Inves­toren den bishe­rigen Anteils­eigner Anteile abkaufen, dann liegt bei diesen insoweit ein steuer­pflich­tiger Veräu­ße­rungs­vor­gang vor. Das ist aber nicht ganz im Sinne der Inves­toren, die ihr Geld lieber in die Entwick­lung inves­tiert sehen möchten, als in die Zahlung von privaten Steuern. Daher wird man die Erhöhung des Kapitals der Gesell­schaft bei gleich­zei­tiger Verwäs­se­rung der Betei­li­gungen der bishe­rigen Gesell­schafter bevor­zugen. Der steuer­li­chen Behand­lung unter­scheiden sich die Situa­tionen danach, in welchem Land und in welcher Rechts­form das Unternehmen organi­siert ist, an dem sich die Inves­toren beteiligen.

 

Die Existenz­gründer sollten sich überlegen, ob sie jeden Investor einzeln als weiteren Gesell­schafter aufnehmen und damit künftige Entwick­lungen unter Umständen behin­dern. Überle­gens­wert ist daher, ob man die Inves­toren nicht besser in einer eigenen Fonds­ge­sell­schaft bündelt und organi­siert. Dafür bietet sich unter anderem eine Gesell­schaft bürger­li­chen Rechts an. Würden sich beispiels­weise Inves­toren aus mehreren Ländern in einer GbR organi­sieren, die ihrer­seits einen Anteil an einer Perso­nen­ge­sell­schaft, Z.B. einer GmbH & Co KG hält, so müssen nicht immer alle Inves­toren zur Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung antreten, um deren Beschluss­fä­hig­keit herzu­stellen. Gleich­zeitig werden die Inter­essen und Rechte der Inves­toren bestmög­lich gewahrt. Jeder Investor kann seine steuer­li­chen Verhält­nisse so gestalten, wie es ihm am besten entspricht. Ob sich jemand als Privat­person, als Unter­nehmer, als Personen- oder als Kapital­ge­sell­schaft betei­ligt, kann jedem unabhängig von seinem Herkunfts­land selbst überlassen bleiben. Denn nach den inter­na­tio­nalen Besteue­rungs­re­geln und nach allen gängigen Doppel­be­steue­rungs­ab­kommen (DBA) richtet sich die Besteue­rung von Kapital­erträgen und Veräu­ße­rungs­ge­winnen von Anteilen an Perso­nen­ge­sell­schaften nur dann nach den Verhält­nissen im Ansäs­sig­keits­staat der Gesell­schaft, wenn es sich um gewerb­liche Einkünfte handelt. Handelt es ich um Kapital­be­tei­li­gungen, dann spricht man von Kapital­ein­künften. Deren Besteue­rung richtet sich nach dem Ansäs­sig­keits­staat des Inves­tors. Für das Unternehmen selbst bedeutet dies ein hohes Maß an Flexi­bi­lität bei der Aufnahme von Inves­toren. Die strate­gisch kluge Aufstel­lung des Unter­neh­mens schafft Stabi­lität und erhält die Handlungs­fä­hig­keit bei zukünf­tigen Entscheidungen.

 

 

Vorsicht bei verdeckter Einlage in eine GmbH

 

Eine Falle enthält das Einkom­men­steu­er­ge­setz für die Fälle, in denen ein immate­ri­elles oder auch anderes Wirtschaftsgut verdeckt in eine Kapital­ge­sell­schaft einge­legt wird. Wenn die Start-up Unter­nehmer zunächst eine Lösung entwi­ckeln und später Im Wege einer Bargrün­dung eine GmbH errichten, dabei aber die Einbrin­gung der Entwick­lung, die Umschrei­bung der Patente vergessen oder nicht richtig behan­deln, dann fällt das spätes­tens beim Eintritt von Inves­toren auf. Im Rahmen der Due Diligence Prüfungen würde man feststellen, dass die Patente noch auf den Namen der Gründer einge­tragen sind. Das liegt natür­lich nicht im Inter­esse der Inves­toren. Folglich werden die Patente umgeschrieben auf die GmbH. Das wird steuer­lich als Einlage behan­delt. Der bishe­rige juris­ti­sche Inhaber des Patents wird so behan­delt, als habe er das Patent im Rahmen einer sogenannten Betriebs­auf­spal­tung zum Buchwert Null als steuer­li­ches Betriebs­ver­mögen geführt und es nunmehr zum realen Wert an die GmbH verkauft. Das ist ein steuer­li­cher Super-GAU. 

 

Aber auch ohne Umschrei­bung des Patent­in­ha­bers wird dann, wenn die GmbH Patent­ge­bühren bezahlt, weitere Aufwen­dungen auf die Entwick­lung trägt oder gar Lizenzen vergibt,  von einer wirtschaft­li­chen Übertra­gung der Entwick­lung ausge­gangen mit denselben steuer­li­chen Folgen. Die GmbH wird im Wege einer verdeckten Einlage zum wirtschaft­li­chen Eigen­tümer des Patents bezie­hungs­weise der Lösung. Das führt dazu, das die Start-up Unter­nehmer in ihrem Einkom­men­steu­er­be­scheid den fiktiven Verkauf ihre Entwick­lung wieder­finden. Aus laufenden Finan­zie­rungs­runden sind die meist hohen Werte dokumen­tiert. Dementspre­chend hoch wird die Steuer.

 

Um nicht in die Falle zu treten, sollte bei verges­senen Umschrei­bungen oder Einbrin­gung in eine bar gegrün­dete GmbH eine Stamm­ka­pi­tal­erhö­hung mit Agio vorge­nommen werden. Man würde dazu das Stamm­ka­pital um einen überschau­baren Betrag erhöhen und in der notari­ellen Urkunde als zusätz­liche Einlage ein Agio in Gestalt des Patents vereinbaren.

 

 

Weitere Investitionen auf das IP im jungen Unternehmen

 

Mit der Gründung des Unter­neh­mens und Einbrin­gung der IP ist der Entwick­lungs­vor­gang meist noch nicht abgeschlossen. Künftig anfal­lende Kosten würden zu Lasten des Ergeb­nisses und damit zu Lasten des Eigen­ka­pi­tals gebucht, was die Gefahr der bilan­zi­ellen Überschul­dung mit sich bringt. Damit steigt auch die Gefahr einer  Insol­venz­an­trags­pflicht nach § 19 InSO. Um dies  zu vermeiden und das junge Unternehmen wegen der Außen­wir­kung / Publi­zität bilan­ziell gut aussehen zu lassen, kann man das handels­recht­liche Wahlrecht zur Aktivie­rung selbst geschaf­fener, immate­ri­eller Wirtschafts­güter entspre­chend ausüben. Dazu ist es erfor­der­lich, dass die Kosten sauber getrennt und richtig verbucht werden. 

 

Aktivieren heißt, dass die Kosten für die Herstel­lung des IP (intellec­tual property) in der Rechnungs­le­gung einem werthal­tigen Asset zugeschrieben werden und diese Herstell­kosten dann ab dem Zeitpunkt der wirtschaft­li­chen Nutzung des IP handels­recht­lich und steuer­lich wirksam abzuschreiben sind. Mit diesem Wahlrecht nähert sich das deutsche Handels­recht inter­na­tio­nalen Normen an. Nach IFRS ist auch die Aktivie­rung von Forschungs- und Entwick­lungs­leis­tungen auf IP‘s Pflicht. Wird ein selbst erstellter, immate­ri­eller Vermö­gens­ge­gen­stand hingegen aufgrund des Wahlrechts laut HGB aktiviert, sind auch die Entwick­lungs­kosten einbe­zie­hungs­pflichtig. Forschungs­kosten hingegen dürfen nicht aktiviert werden.

 

 

Selbst geschaffene, immaterielle Wirtschaftsgüter: Entwicklungskosten versus Forschungskosten

 

Man muss die Begriff­lich­keiten kennen und ausein­ander halten:

 

  • Unter Herstel­lungs­kosten eines selbst geschaf­fenen, immate­ri­ellen Vermö­gens­ge­gen­stands versteht man die bei dessen Entwick­lung anfal­lenden Aufwendungen.

 

  • Entwick­lung hingegen ist die Anwen­dung von Forschungs­er­geb­nissen oder von anderem Wissen für die Neuent­wick­lung von Gütern oder Verfahren oder die Weiter­ent­wick­lung von Gütern oder Verfahren mittels wesent­li­cher Änderungen.

 

  • Forschung ist die eigen­stän­dige und planmä­ßige Suche nach neuen wissen­schaft­li­chen oder techni­schen Erkennt­nissen oder Erfah­rungen allge­meiner Art, über deren techni­sche Verwert­bar­keit und wirtschaft­liche Erfolgs­aus­sichten grund­sätz­lich keine Aussagen gemacht werden können.

 

 

Wichtiges Startup Wissen: Entwicklungskosten können aktiviert werden

 

Auch Entwick­lungs­kosten können nach § 255 Abs. 2a HGB aktiviert werden. Es besteht insoweit ein Wahlrecht. Für die Kosten der Forschung hingegen besteht ein Aktivie­rungs­verbot. Können die Kosten von Forschung und Entwick­lung nicht verläss­lich vonein­ander unter­schieden werden, ist eine Aktivie­rung auch der Entwick­lungs­kosten ausge­schlossen. Es wird daher immer mindes­tens ein Teil der Entwick­lungs­kosten direkt im Aufwand abzubilden sein und damit das Ergebnis wie auch das Eigen­ka­pital belasten.

 

 

Kapitalgesellschaft: nicht immer die richtige gesellschafsform für Startups

 

Überschul­dung liegt bei einer Kapital­ge­sell­schaft vor, wenn das Vermögen die bestehenden Verbind­lich­keiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortfüh­rung des Unter­neh­mens ist nach den Umständen überwie­gend wahrscheinlich. 

 

Bei einem Startup ist die bilan­zi­elle Überschul­dung unter Umständen schnell erreicht. Es besteht dann, abgesehen von der befris­teten Sonder­si­tua­tion betr. Corona,  trotz noch vorhan­dener liquider Mittel Insol­venz­an­trags­pflicht, sofern nicht sofort, spätes­tens aber inner­halb von drei Wochen Gegen­maß­nahmen möglich sind und auch ergriffen werden. Es kommt in Bezug auf die Insol­venz­an­trags­pflicht jedoch nicht auf die Bilanz an, wenn in den aktivierten Wirtschafts­gü­tern Stille Reserven vorhanden sind. Es lohnt sich für Startups, insoweit von den vorhan­denen Wahlrechten Gebrauch zu machen. Das erfor­dert wie beschreiben im Vorfeld eine saubere Dokumen­ta­tion und eine Buchhal­tung mit strikter  Kostenzuordnung. 

 

Der Geschäfts­führer muss die Ergeb­nisse einer Fortfüh­rungs­pro­gnose beson­ders sorgfältig daraufhin überprüfen, ob die Finanz­kraft des Unter­neh­mens mittel­fristig zur Fortfüh­rung ausreicht. Sobald bei einer Kapital­ge­sell­schaft die wie auch immer begrün­deten „Verluste“ höher sind als die Hälfte des einge­zahlten Stamm­ka­pi­tals, muss eine Insol­venz­prü­fung erfolgen, bezie­hungs­weise sogar Insol­venz angemeldet werden. Ansonsten machen sich die Geschäfts­führer persön­lich strafbar und sind auch haftbar für alle Verluste.

 

Es stellt sich daher die Frage, ob eine GmbH immer die richtige Rechts­form für ein Startup ist bezie­hungs­weise zu welchem Zeitpunkt man gegebe­nen­falls die GmbH gründet. Denn bei einer Perso­nen­ge­sell­schaft ist mit Ausnahme der GmbH & Co KG die bilan­zi­elle Überschul­dung kein Insol­venz­grund. Solange man die Inves­ti­tion durch Erhöhung des Eigen­ka­pi­tals, damit gemeint sind Erhöhungen des Haftka­pi­tals, Agio, Einlagen, oder Gesell­schafts­dar­lehen mit „hartem“ Rangrück­tritt, solange besteht die Insol­venz­an­trags­pflicht nicht.

 

Hat man sich für eine Kapital­ge­sell­schaft entschieden, dann braucht auch ein Startup im Falle der bilan­zi­ellen Überschul­dung andere Lösungen. Ein strate­gi­scher Lösungs­an­satz könnte sein, das IP (intellec­tual property) von vornherein nicht der Entwick­lungs­ge­sell­schaft zuzuordnen, sondern einer Gesell­schaft, die eigens dazu errichtet wurde, die Patente zu halten und zu verwalten. Ob man dazu eine sogenannte Lizenzbox in einem Staat errichtet, der dies beson­ders begüns­tigt, oder ob man das mit einer anderen Gesell­schaft macht, das muss im Einzel­fall geprüft werden. Faktum ist, dass im Zweifel auch das unfer­tige IP (intellec­tual property) nicht der ansonsten verlust­träch­tigen Entwick­ler­ge­sell­schaft gehört, sondern geschützt in einer „Schatz­truhe“ oder Patent — Box liegt. Diese bestellt die Entwick­ler­leis­tung bei dem Unternehmen, das dazu die erfor­der­li­chen Kapazi­täten hat. Das wird meist das verbun­dene Unternehmen sein, eventuell kauft man aber auch bei fremden Dritten zu. Das Entwickler-Unternehmen erhält damit Umsätze, die den entstan­denen Aufwand kompen­sieren. Bei entspre­chender Gestal­tung der Verträge führt das zu einer Risiko-und Funkti­ons­ana­lyse, welche dann in Folge die Verrech­nung der Leistungen basie­rend auf der Kosten­auf­schlags­me­thode (cost+) bewirkt. Das Entwick­ler­un­ter­nehmen hat damit leichte Gewinne und kann ungeachtet der inves­tierten Kosten ungehin­dert weiter bestehen. Eine Insol­venz­an­trags­pflicht könnte nur dann entstehen, wenn die Gesell­schaft nicht mehr finan­zierbar ist. Damit ist insoweit die Gleich­stel­lung mit der Perso­nen­ge­sell­schaft hergestellt.

 

 

Besonderheit Patent- oder Lizenzbox 

 

Die „Schatz­truhe“ bezie­hungs­weise Patent- resp. Lizenzbox ist nichts anderes als eine IP-Gesell­schaft. Sie hat keine selbst geschaf­fenen immate­ri­ellen Wirtschafts­güter, keine Forschungs- und Entwick­lungs­kosten. Sie erhält das Patent und die immate­ri­ellen Güter durch Einlage, kauft Leistungen von einem naheste­henden Unternehmen, oder von Dritten ein. Die Leistungen gelten damit nicht als Eigen­leis­tung und müssen vollum­fäng­lich aktiviert werden. Die Kosten sind leichter zu identi­fi­zieren und zu separieren, da in der Regel ein Vertrag zwischen Käufer und Verkäufer abgeschlossen wird über den bezahlten Kaufpreis. Daraus kann geschlossen werden, dass dieser einen sicheren und validen Wert für den immate­ri­ellen Vermö­gens­wert stellt, welcher als Wert aktivie­rungs­fähig ist und in der Bilanz ausge­wiesen werden kann. Denn sonst wäre der Käufer nicht bereit gewesen, im Normal­fall, den angesetzten Preis zu bezahlen. Natür­lich darf gerade bei verbun­denen Unternehmen die notwen­dige Sorgfalt nicht außer Acht gelassen werden. Im Kern aber ist die Aktivie­rung problem­loser möglich und erfasst über die cost+ Verrech­nung auch den adminis­tra­tiven Aufwand. Denn die vom „externen“ Entwick­ler­un­ter­nehmen gestellte Rechnung beinhaltet alle Kosten. Die Eingangs­rech­nung wird beim Empfänger und somit Auftrag­geber und Inhaber des IP auf das asset gebucht. Das wird bei poten­zi­ellen Inves­toren ganz anders aufge­nommen als eine bilan­ziell überschul­dete Gesell­schaft wie im Standardfall.

 

 

Lizenzbox, gegründet in Liechtenstein – Sitz in der Schweiz

 

Gründet man die Eigen­tü­mer­ge­sell­schaft (Lizenzbox) in Liech­ten­stein und verlegt diese dann in die Schweiz, dann hat man insoweit eine Gesell­schaft, die nach dem Recht eines EWR-Staates (Liech­ten­stein) gegründet ist, gleich­wohl aber in der insoweit steuer­güns­tigen Schweiz ansässig ist. Das ist wichtig in Bezug auf mögliche spätere Verän­de­rungen in der Gesell­schaf­ter­struktur oder in der Rechts­form des Unter­neh­mens. Bei Gründung der Lizenzbox in einem anderen Land in Europa braucht ein Startup diese Beson­der­heit nicht zu beachten. 

 

Immate­ri­elle Wirtschafts­güter in der Schweiz aktivieren. In der Schweiz gilt als Rechnungs­le­gungs­stan­dard nicht das HGB, sondern Swiss GAAP FER.

 

Das Unternehmen erstellt dann seine Rechnungs­le­gung nach diesem Standard und hält sich an die Fachemp­feh­lungen zur Rechnungs­le­gung, kurz: FER. Es ist den FER Anwen­dern weder geboten, noch verboten, Anwen­dungs­emp­feh­lungen von anderen Standard Settern heran­zu­ziehen, soweit die Swiss GAAP FER die Inter­pre­ta­ti­ons­lücke nicht selbst geschlossen hat. Dies hat für das Startup Unternehmen insbe­son­dere Bedeu­tung für die Frage der Aktivie­rung immate­ri­eller Wirtschafts­güter. Insoweit wird auch der inter­na­tio­nale Standard IAS 38 heran­ge­zogen, als dort neben den in FER 9 nicht genannten Krite­rien die Kontrolle über den Nutzen der immate­ri­ellen Wirtschafts­güter verlangt ist.

Im Ergebnis wird das IP, also die Entwick­lung in der Schweizer Bilanz aktiviert, im deutschen Entwick­lungs­un­ter­nehmen ist infolge Verrech­nung der Kosten plus Gewinn­auf­schlag ein kleiner Gewinn auszu­weisen. Damit ist die Gesell­schaft insge­samt mit einem positiven bilan­zi­ellen Eigen­ka­pital ausgestattet.

 

 

Nutzungsüberlassung gegen Lizenzgebühr

 

Wenn das IP markt­fähig ist, wird die Nutzung der Entwick­lung fremden Dritten oder gegebe­nen­falls eigens dazu gegrün­deten verbun­denen verschie­denen Länder­ge­sell­schaften, ob als Produk­tions- oder Vertriebs­un­ter­nehmen ausge­staltet, überlassen. Die Nutzungs­über­las­sung erfolgt gegen Zahlung einer Lizenz­ge­bühr. Dass dies vor dem Hinter­grund natio­naler Steuer­ge­setze und inter­na­tio­naler Verein­ba­rungen, zum Beispiel in Doppel­be­steue­rungs­ab­kommen (DBA) zu sehen ist, versteht sich von selbst. Aber es ist eine weltweit prakti­zierte und anerkannte Übung, dass man ein IP in einem Land bezie­hungs­weise einer Gesell­schaft hält und die Nutzung per Lizenz­ge­bühr (royalty fee) anderen Gesell­schaften überlässt.

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    Jürgen Bächle

    Jürgen Bächle

    ist seit 1989 als selbständiger Steuer­be­rater und Experte im inter­na­tio­nalen Steuer­recht tätig und seit über 20 Jahren Mitglied im Vorstand des Deutschen Steuer­be­ra­ter­ver­bandes Baden-Württemberg, DSTVBW.

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