Zwei vereinfachte Verfahren für das digitale Geschäft
OSS und IOSS 

Das IOSS Verfahren ermög­licht im Dritt­land ansäs­sigen Online­händ­lern  (z.B. Schweiz, USA, Russland, China) bei Fernver­käufen im Wert bis zu 150 Euro in verschie­dene Länder der EU  die Abgabe von nur einer Umsatz­steu­er­mel­dung für alle Staaten zentral bei einer Stelle. Damit ist eine klare Abgren­zung zum OSS-Verfahren gegeben, das nur für Fernver­käufe + Dienst­leis­tungen inner­halb der EU, aber ohne Umsatz­be­gren­zung einge­richtet wurde.

 

Der Online­handel und auch digital erbrachte Dienst­leis­tungen sind schnell wachsende Markt­seg­mente. Vor allem im B2C Geschäft führt das zu Wettbe­werbs­ver­zer­rungen, wenn lokal ansäs­sige Anbieter ihre Steuern bezahlen, die digital getätigten Umsätze aber nicht der Umsatz­steuer im Bestim­mungs­land unter­worfen werden. Das ist in der EU schwierig, weil jedes Land seine eigenen Umsatz­steu­er­sätze hat. Ein und derselbe Artikel oder Dienst­leis­tung kostet einmal 19%, oder 22%, 7% oder gar keine Umsatz­steuer. Es kommt immer darauf an, wo der Endkunde die Ware oder die Dienst­leis­tung in empfang nimmt. Deshalb sollte man einen Artikel oder eine Dienst­leis­tung auch nicht in jedem Land zu demselben Brutto-Endpreis anbieten. Denn am Ende bleibt dem Verkäufer nur der Netto-Preis nach Abzug der Umsatzsteuer.

 

Bevor man eine Ware in der EU verkaufen kann, muss sie entweder aus der EU stammen oder erst einmal in die EU impor­tiert werden. Beim Import fallen neben den in Europa einheit­li­chen Zollge­bühren auch Einfuhr­um­satz­steuern an. Die frühere Freigrenze für Waren unter 22 Euro betref­fend Zoll und Einfuhr­ab­gaben für Waren­sen­dungen gibt es nicht mehr. Für Waren­sen­dungen unter 150 Euro Sachwert wird nach wie vor kein kein Zoll erhoben. Auch wenn kein Zoll anfällt, verlangen die Kurier­dienste dennoch oft eine Service-Pauschale für die Zollan­mel­dung. Bei der Einfuhr-Umsatz­steuer gibt es de facto keine Freigrenze mehr. Sie wird erhoben, wenn die Steuer mindes­tens 1 Euro beträgt. Die Höhe der Einfuhr-Umsatz­steuer hängt einer­seits von dem impor­tierten Artikel, zum anderen aber auch von den Steuer­satz des Landes ab, in das impor­tiert wird. Der Lieferweg hat deshalb Einfluss auf die Höhe der Einfuhr-Abgaben. Aller­dings kann jeder Unter­nehmer sich die Einfuhr-Umsatz­steuer erstatten lassen oder mit seinen zu zahlenden Umsatz­steuern verrechnen, sodass man am Ende nur die Zollge­bühren zu tragen hat. 

 

Es kursiert immer noch das Gerücht, dass man Geld sparen würde, wann man z.B. Ware aus China über Rotterdam in die EU impor­tiert. Das stimmt nicht, das Gegen­teil entspricht der Wahrheit. Richtig ist, dass man die Einfuhr­um­satz­steuer nicht zahlen muss (sie dafür aber auch nicht erstattet bekommt oder anrechnen darf), wenn man im Einfuhr­land einen Fiskal­ver­treter einschaltet. Der kostet natür­lich zusätz­lich. Aller­dings klappt das nicht, wenn man in dem Einfuhr­land selbst ansässig ist oder in dem Einfuhr­land (z.B. bei Einfuhr über Rotterdam in den Nieder­landen) auch Umsätze tätigt. Unmit­telbar nach der Verzol­lung muss die Ware außerdem in das eigent­liche EU-Bestim­mungs­land weiter­trans­por­tiert werden, dürfte also nicht in den Nieder­landen gelagert werden (§ 5 Abs. 1 Nr. UStG). Der inner­ge­mein­schaft­liche Versand und Empfang müssen per INTRASTAT gemeldet werden. Der Nachweis (gezeich­neter Fracht­brief, bestä­tigte Anlie­fer­quit­tung) muss dem Fiskal­ver­treter zur Verfü­gung stehen. Ziemlich viel Aufwand also, der jedoch verge­bens ist, wenn ein Teil der Ware in dem Einfuhr­land verkauft wird. 

 

Wird ein Teil der Ware in dem Einfuhr­land verkauft, dann ist man sofort wieder in der Situa­tion, dass man die Einfuhr­um­satz­steuer zahlen muss und sie mit der zu zahlenden Umsatz­steuer verrechnen darf. Wer also Ware aus einem Dritt­land wie China, USA, UK oder aus der Schweiz in möglichst allen Ländern der EU verkaufen will, der sollte sich am besten in Deutsch­land umsatz­steu­er­lich regis­trieren lassen  und sich mit der erteilten Umsatz­steuer-ID dann als OSS regis­trieren. (artax erledigt komplett). Mit diesem Setup kann jeder in- und auslän­di­sche Unter­nehmer über einen One Stop Shop mit einer einzigen abzuge­benden Erklä­rung seine Umsatz­steuer in sämtli­chen EU-Staaten erledigen und die Diffe­renz aus der zu zahlenden Umsatz­steuer und der Einfuhr-USt sowie nach Abzug weiterer, von anderen Unter­neh­mern in Rechnung gestellten Vorsteuern an eine einzige Stelle, das Bundes­zen­tralamt für Steuern entrichten. Der OSS  kann nur für alle EU-Länder einheit­lich beantragt werden.  Dieses seit 1.Juli 2021 einge­führte Verfahren eist wesent­lich einfa­cher und kosten­güns­tiger, zudem absolut rechtssicher.

 

B2B-Liefe­rungen können nicht über den One Stop Shop gemeldet werden. B2B-Liefe­run­ge­nier sind wie bisher mit lokalen Meldungen im Ursprungs­land bzw. dem Land der Einfuhr zu versteuern. Dabei hilft jedoch die Regis­trie­rung in Deutsch­land. Der Verkauf an Unter­nehmer in Deutsch­land erfolgt dann mit einer Rechnung mit deutscher USt, die der Empfänger jedoch gleich wieder als Vorsteuer abziehen darf. Der verkauf an Unter­nehmer in anderen EU-Staaten erfolgt als inner­ge­mein­schaft­liche Liefe­rung steuer­frei. Der Verkauf an Unter­nehmer in Nicht-EU-Staaten wie Schweiz oder UK unter­liegt ebenfalls nicht der Umsatz­steuer. Trotzdem darf der Lieferer die Einfuhr­um­satz­steuer in vollem Umfang abziehen. Da man nie wissen kann, ob der Kunde die Ware für sich privat oder für sein Unternehmen bezieht, lohnt es sich beim Absatz in mehrere EU-Staaten auf jeden Fall, eine USt-ID + OSS zu beantragen. 

 

 

Lieferschwelle 

Wer in allen EU-Staaten zusammen weniger als 10.000 Euro Umsatz macht, kann seine USt-Erklä­rung in dem Land abgeben, in dem er regis­triert ist. Es gilt dann für den gesamten Umsatz der natio­nale Steuer­satz. Für Händler aus Dritt­staaten wie Schweiz, USA oder China gilt die Steuer­pflicht jedoch ab dem ersten Euro Umsatz in der EU. Unter Umständen lohnt sich, wenn sich der Unter­nehmer sich als Klein­un­ter­nehmer  regis­trieren lässt und keine Umsatz­steuer zahlt, dafür aber auch keine Vorsteuer oder Einfuhr­um­satz­steuer abziehen darf. 

 

Einschaltung eines Zwischenhändlers

Um die Zollfor­ma­li­täten zu vermeiden, schalten einige Online-Händler für eine logische Sekunde einen Zwischen­händler mit Sitz in der EU in den Online‑Handel ein. Dieser übernimmt die formale Abwick­lung der Anmel­dung und die Zahlung und der Einfuhr­ab­gaben. Wegen der kompli­zierten Rechts­lage wird diese Möglich­keit aber bislang nur für Händler mit Sitz in bestimmten Ländern angeboten. Händler aus Russland und China werden meist nicht bedient. Durch die Einfüh­rung des OSS und des IOSS kann man sich die meist hohen Gebühren für den Zwischen­händler sparen.

 

Sendungen bis max. 150 Euro (ohne IOSS) 

Wenn der Sachwert einer Waren­sen­dung aus einem Dritt­staat (z.B. Schweiz, China, USA) in die EU unter 150 Euro liegt, wird kein Zoll erhoben, wohl aber die Einfuhr-Umsatz­steuer. Die frühere Freigrenze von 22 Euro Sachwert ist entfallen. Es gilt jetzt eine Regelung, wonach nach der Käufer einer Online-Bestel­lung die Ware bei einem Post- oder Paket-Dienst­leister gegen Entrich­tung der Einfuhr­ab­gaben abholen kann. In jedem Fall aber ist ein Anmel­de­ver­fahren des Verkäu­fers bzw. des Dienst­leis­ters erfor­der­lich. Da der Dienst­leister für die Einfuhr­ab­gaben (Zoll und VAT) haftet, wird er vom Verkäufer entspre­chende Sicher­heiten verlangen. 

 

 

Import-One-Stop-Shop (IOSS)

Für Verkäufer aus Dritt­staaten (Schweiz, USA, Russland, China) gibt es seit Mitte 2021 die Möglich­keit eines Import-One-Stop-Shop IOSS. Der Verkäufer hat dann keinen VAT-pflich­tigen Umsatz beim Online-Handel in der EU. Dazu ist eine Anmel­dung des Händlers im IOSS des EU Mitglied­staates an (so genannter „Member state of Identi­fi­ca­tion, MSI“) erfor­der­lich. Die Waren können anders als beim OSS ohne Einfuhr­ab­gaben in die EU impor­tiert werden, wenn die IOSS EU MWSt. Nummer den Zollbe­hörden spätes­tens mit der Abgabe der Einfuhr­an­mel­dung digital übermit­telt worden ist und die Sendung (nicht der einzelne Artikel) max. einen Wert von 150 Euro hat. 

 

Die Umsatz­steuer beim Online-Handel bzw. VAT wird erst dann fällig, wenn die Waren an den Endkunden abgegeben werden. Der Händler meldet die Umsatz­steuer an und führt die Abgaben an den MSI auf Grund­lage einer monat­li­chen One Stop Shop Umsatz­steu­er­erklä­rung ab. Der MSI übermit­telt die geleis­teten Abgaben an all jene EU Mitglieds­staaten, in welche die Waren gelie­fert wurden. Wenn der Wert der Sendung höher ist als 150 Euro, kann das verein­fachte Verfahren nicht mehr angewendet werden. Eine vollstän­dige Zollde­kla­ra­tion ist dann verpflich­tend vorge­schrieben, denn es fällt bei der Einfuhr nicht nur die Einfuhr-Umsatz­steuer bzw. Import — VAT, sondern auch die Zollge­bühr an.

 

 

Eigenes Unternehmen statt IOSS

Auch bei Nutzung des IOSS ist eine Regis­trie­rung notwendig und man muss einen Provider finden, der die Haftung für die Abgaben jedoch nur dann übernimmt, wenn ihm das Geld vorher zur Verfü­gung gestellt wird, oder aber eine ausrei­chende Sicher­heit hinter­legt wird. IOSS ist zudem beschränkt auf Sendungen bis zu einem max. Wert von 150 Euro. Da lohnen sich aber die Trans­port­kosten nicht immer. 

 

Es ist eine Überle­gung wert,  ein eigenes Unternehmen in einem EU-Staat zu errichten. Zum einen erhöht dies das Ansehen des Unter­neh­mens und es kann mit mehr Kunden rechnen. Mit einer eigenen EU-VAT-Nr. ist man zugleich auch attrak­tiver für Wieder­ver­käufer und andere Geschäfts­kunden, weil diese die im Preis enthal­tene Umsatz­steuer als Vorsteuer vom Finanzamt zurück erhalten.

 

 

Standort Deutschland

Es ist zudem auch aus anderen Gründen steuer­lich inter­es­sant, ein eigenes Unternehmen z.B. in Deutsch­land zu haben. Denn ob man in Deutsch­land Steuern auf den Gewinn bezahlt hängt davon ab, ob das Unternehmen auch gleich­zeitig als sog. Betriebs­stätte im Sinne eines Doppel­be­steue­rungs­ab­kom­mens (DBA) gilt. Das ist frei gestaltbar. Wer sein Unternehmen von seinem Heimat­land aus steuert, der muss zwar in Deutsch­land eine Buchhal­tung erstellen, unter­liegt jedoch nicht der deutschen Besteue­rung. Wer hingegen das Unternehmen auch als Betriebs­stätte dekla­riert, der hat über die Gestal­tung der Verrech­nungs­preise zusätz­liche Möglich­keiten, den Gewinn und somit das steuer­bare Einkommen zwischen den betei­ligten Ländern aufzuteilen. 

 

Nicht zuletzt ist es für auslän­di­schen Händler aus visums­recht­li­chen Gründen inter­es­sant, Geschäfts­führer einer Gesell­schaft mit Sitz in der EU zu sein. Im Sinne des Portfolio-Manage­ment und Risiko­be­gren­zung kann man den Gewinn auch in dem Land lassen kann, in dem der Gewinn entstanden ist. Wichtig zu wissen ist, dass ein deutsches Unternehmen auch ein Konto in jedem anderen EU-Staat oder in der Schweiz haben kann. 

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    Jürgen Bächle

    Jürgen Bächle

    ist seit 1989 als selbständiger Steuer­be­rater und Experte im inter­na­tio­nalen Steuer­recht tätig und seit über 20 Jahren Mitglied im Vorstand des Deutschen Steuer­be­ra­ter­ver­bandes Baden-Württemberg, DSTVBW.

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