Online-Handel - Umsatzsteuer in Europa
Neue Regelung ab 2021
Der Onlinehandel ist das am schnellsten wachsende Marktsegment in Europa. Davon profitieren in hohem Maße auch im Ausland ansässige Händler. Allerdings haben sich viele von ihnen nicht registriert und somit die fällige Umsatzsteuer weder angemeldet, noch bezahlt. Auf diese Weise sind Wettbewerbsverzerrungen entstanden, denen die Europäische Union nun mit massiven Gegenmaßnahmen begegnet. Im Rahmen des sogenannten E‑Commerce Pakets der EU treten zum 1. Januar 2021 und dann nochmals zum 1. Juli 2021 deutliche Verschärfungen in Kraft.
Betroffen sind alle Verkäufe von Waren, die nicht ausschließlich für den geschäftlichen Bedarf des Empfängers dienen. Weitere Voraussetzung ist, dass der Lieferant der Waren den Transport veranlasst. Eine indirekte Beteiligung des Verkäufers am Transport reicht aus, um von der Neuregelung erfasst zu werden. Ein Online Verkauf unterliegt der Umsatzsteuer in dem Land, in dem der Transport endet. In der EU gilt ein Rahmengesetz für die Umsatzsteuer. Jedoch hat jedes Land seine eigenen Umsatzsteuersätze.
Lieferschwelle
Händler, die in einem EU Land registriert sind, waren auch bisher schon jedem anderen Mitgliedsstaat der EU steuerpflichtig, wenn Sie Waren dorthin geliefert haben. Allerdings trat die Steuerpflicht im andere Staat erst beim Überschreiten der länderspezifischen Lieferschwelle in Kraft. Die Lieferstellen lagen zwischen 35.000 100.000 Euro Umsatz pro Jahr. Diese Lieferschwellen werden zum 1. Januar 2021 gestrichen und durch eine einheitliche Lieferschwelle in Höhe von 10.000 Euro ersetzt. Der neue Schwellenwert gilt dabei anders als bisher für alle Lieferungen aus einem Mitgliedsstaat in allen anderen Mitgliedstaaten zusammen.
Für Händler aus Drittstaaten wie Schweiz, USA oder China gilt die Steuerpflicht jedoch ab dem ersten Euro Umsatz. Anzumelden ist die Umsatzsteuer in jeweils dem Land, in dem die Ware verkauft wird. Das führt zu sehr komplexen, teuren und risikoreichen Anmeldeverfahren. Es lohnt sich daher gerade für Händler aus diesen Ländern, über Strategien nachzudenken.
Regelung für Sendungen bis max. 150 Euro
Neu eingeführt wird eine Regelung, wonach nach der Käufer einer Online — Bestellung die Ware bei einem Post- oder Paket-Dienstleister gegen Entrichtung der Einfuhrabgaben abholen kann. Auch hierzu ist ein Anmeldeverfahren des Verkäufers bzw. des Dienstleisters erforderlich. Da der Dienstleister für die Einfuhrabgaben (Zoll und VAT) haftet, wird er vom Verkäufer entsprechende Sicherheiten verlangen.
Einschaltung eines Zwischenhändlers
Um die Zollformalitäten zu vermeiden, schalten einige Online-Händler für eine logische Sekunde einen Zwischenhändler mit Sitz in der EU in den Onlinehandel ein. Dieser übernimmt die formale Abwicklung der Anmeldung und die Zahlung und der Einfuhrabgaben. Wegen der komplizierten Rechtslage wird diese Möglichkeit aber bislang nur für Händler mit Sitz in bestimmten Ländern angeboten. Händler aus Russland und China werden meist nicht bedient.
neu: Import-One-Stop-Shop (IOSS).
Für Verkäufer aus Drittstaaten (Schweiz, USA, Russland, China) gibt wird neu die Möglichkeit eines Import-One-Stop-Shop IOSS geschaffen. Der Verkäufer hat dann keinen VAT-pflichtigen Umsatz in der EU. Dazu ist eine Anmeldung des Händlers im IOSS des EU Mitgliedstaates an (so genannter „Member state of Identification, MSI“) erforderlich. Die Waren können ohne Einfuhrabgaben in die EU importiert werden, wenn die IOSS EU MWSt. Nummer den Zollbehörden spätestens mit der Abgabe der Einfuhranmeldung digital übermittelt worden ist und die Sendung (nicht der einzelne Artikel) max. einen Wert von 150 Euro hat.
Die Umsatzsteuer bzw. VAT wird erst dann fällig, wenn die Waren an den Endkunden abgegeben werden. Der Händler meldet die Umsatzsteuer an und führt die Abgaben an den MSI auf Grundlage einer monatlichen One Stop Shop Umsatzsteuererklärung ab. Der MSI übermittelt die geleisteten Abgaben an all jene EU Mitgliedsstaaten, in welche die Waren geliefert wurden. Wenn der Wert der Sendung höher ist als 150 Euro, kann das vereinfachte Verfahren nicht mehr angewendet werden. Eine vollständige Zolldeklaration ist dann verpflichtend vorgeschrieben, denn es fällt bei der Einfuhr nicht nur die Einfuhr-Umsatzsteuer bzw. import — VAT, sondern auch die Zollgebühr an.
Eigenes Unternehmen statt IOSS
Auch bei Nutzung des IOSS ist eine Registrierung notwendig und man muss einen Provider finden, der die Haftung für die Abgaben jedoch nur dann übernimmt, wenn ihm das Geld vorher zur Verfügung gestellt wird, oder aber eine ausreichende Sicherheit hinterlegt wird. IOSS ist zudem beschränkt auf Sendungen bis zu einem max. Wert von 150 Euro. Da lohnen sich aber die Transportkosten nicht immer.
Es ist eine Überlegung wert, stattdessen ein eigenes Unternehmen in einem EU-Staat zu errichten. Zum einen erhöht dies das Ansehen des Unternehmens und es kann mit mehr Kunden rechnen. Mit einer eigenen EU-VAT-Nr. ist man zugleich auch attraktiver für Wiederverkäufer und andere Geschäftskunden, weil diese die im Preis enthaltene Umsatzsteuer als Vorsteuer vom Finanzamt zurück erhalten.
Es ist zudem auch aus anderen Gründen steuerlich interessant, ein eigenes Unternehmen z.B. in Deutschland zu haben. Denn ob man in Deutschland Steuern auf den Gewinn bezahlt hängt davon ab, ob das Unternehmen auch gleichzeitig als sog. Betriebsstätte im Sinne eines Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) gilt. Das ist frei gestaltbar. Wer sein Unternehmen von seinem Heimatland aus steuert, der muss zwar in Deutschland eine Buchhaltung erstellen, unterliegt jedoch nicht der deutschen Besteuerung. Wer hingegen das Unternehmen auch als Betriebsstätte deklariert, der hat über die Gestaltung der Verrechnungspreise zusätzliche Möglichkeiten, den Gewinn und somit das steuerbare Einkommen zwischen den beteiligten Ländern aufzuteilen.
Nicht zuletzt ist es für ausländischen Händler aus visumsrechtlichen Gründen interessant, Geschäftsführer einer Gesellschaft mit Sitz in der EU zu sein. Im Sinne des Portfolio-Management und Risikobegrenzung kann man den Gewinn auch in dem Land lassen kann, in dem der Gewinn entstanden ist. Wichtig zu wissen ist, dass ein deutsches Unternehmen auch ein Konto in jedem anderen EU-Staat oder in der Schweiz haben kann.