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Lizenzvergabe

Alternativ zur eigenen Fertigung in China kommt für europäische Unternehmen in Betracht, einem chinesischen Unternehmen die Fertigung auf Basis einer Lizenz ganz oder teilweise zu gestatten – eine Lizenzvergabe. Wesentliche Probleme bei der Gestaltung eines Lizenzmodells sind:

Inhaltsverzeichnis

Bestimmung der Vertragspartner

Es ist mitunter während der Lizenzvergabe nicht klar, wer hinter welchem Unternehmen die handelnde Kraft ist und welches weitere Schicksal das Partnerunternehmen in Zukunft haben wird.

Durch Verkauf, Fusion und andere Formen der Gesamtrechtsnachfolge kann das Know-how damit in andere Hände gelangen als in die, welche man sich beim Vertragsabschluss vorstellt. Der Lizenzvertrag muss bei der Lizenzvergabe deshalb schon an dieser Stelle auf eine fundierte Diligence Prüfung aufsetzen.

Bei der Lizenzvergabe bedenken: Schutz des geistigen Eigentums

Bei der Lizenzvergabe ist eine entsprechende vertragliche Gestaltung zur Wahrung der Geschäftsinteressen, insbesondere auch dem Schutz des geistigen Eigentums, ist gerade im Verhältnis zu China angeraten. Das Problem bekannter Verletzungen des geistigen Eigentums besteht ungeachtet jeglicher Vertragsgestaltung immer.

Es ist daher zu empfehlen, sich durch eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem Vertragspartner den Zugang zu dessen Marktpotenzial zu erhalten. Gleichzeitig könnte man im Rahmen einer Zusammenarbeit durch eigene Beiträge die Produktentwicklung beeinflussen und auch die Ausweitung der Produktanwendung auf andere Nutzer vorantreiben. Dadurch sollte eine echte und dauerhafte win-win-Situation gestaltbar sein.

Anzuwendendes Recht, Sprache, Gerichtsbarkeit

Vertragliche Ansprüche in China durchzusetzen, ist für ein ausländisches Unternehmen sehr schwierig.

Das liegt nicht zuletzt an einer teilweise immer noch nicht ganz unabhängigen Gerichtsbarkeit, zumal dann, wenn der Anspruchsgegner ein Staatsunternehmen ist. Ein bilaterales Vollstreckungsabkommen existiert nicht. Es sollte daher auf die Anwendung des Rechts des europäischen Partners und die alleinige Gültigkeit der deutschen oder englischen Fassung des Vertrages gedrängt werden sowie eine Gerichtsbarkeit außerhalb Chinas vereinbart werden. Schiedsgerichtsbarkeit wird oft vereinbart, hält aber nicht immer, was sie verspricht.

Bewertung des Nutzens auf beiden Seiten

Ein europäisches Unternehmen wird keine Lizenz vergeben, wenn der dauerhafte wirtschaftliche Nutzen daraus nicht halbwegs sicher ist.

Man wird sich über Mengen- und Preisgerüste verständigen müssen und auch Ausstiegs-Szenarien vereinbaren. Um einen Rahmen für die zu vereinbarende Lizenzgebühr bei der Lizenzvergabe zu finden, greifen einige Unternehmensberatungen auf Datenbankrecherchen zurück, die aber trotz immenser Kosten nur selten wirklich brauchbare Ergebnisse liefern.

Das gilt ganz besonders für den Mittelstand. Eine brauchbare Lösung bietet sich durch eigene Kalkulationsmodelle, in denen die Vorteile einer Produktion in China näherungsweise berücksichtigt werden. Preis‑, Mengen und Kostenentwicklung können und müssen darin abgebildet werden. Das Nutzenpotenzial lässt sich durch Kapitalisierung zukünftiger Barwerte der Investition nach anerkannten Methoden, z. B. IDW S1, bewerten und damit auch eine Lizenzvereinbarung begründen.

Bestimmung der Lizenzgebühr

Sinnvoll ist immer die Vereinbarung einer Einmalgebühr, die sich auf die Kosten der Ingangsetzung, einen bestimmten Zeitraum oder über bestimmte Stückzahlen beziehen können. Ob zeitlich oder räumlich begrenzte Lizenzen vergeben werden, wird ebenfalls zu berücksichtigen sein.

Bemessungsgrundlage der Lizenz können produzierte Einheiten sein, eventuell unter Festlegung einer Mindestmenge, die vergütungspflichtig ist, ob sie nun produziert wurde oder nicht. Denn oft kann nicht mit hinreichender Sicherheit bestimmt werden, wie viele Teile pro Jahr abgesetzt werden können, gleichwohl wird der Lizenzgeber wie auch der Lizenznehmer seine Erwartungshaltung und damit seine Preisvorstellung an bestimmten Mengen orientieren.

Es wird einfach sein, die Anzahl der produzierten Einheiten zu bestimmen, zumal dann, wenn man seitens des europäischen Unternehmens dazu die Kernkomponenten liefert. In anderen Fällen wird man versuchen müssen, den Ertrag aus der Lizenzproduktion zu bestimmen.

Dasselbe gilt für das Umsatzmodell, weil z. B. über Zwischenverkäufe oder politisch motivierte Handlungsweisen ein gewisses Potenzial für Diskussionen geschaffen wird. Aber auch Synergie-Effekte, bewertet nach vorher festgelegter Methodik, eignen sich als faire Basis einer Vergütungsregelung. Je nach Sachlage wird man individuell Parameter finden, die sich alleine oder in Mischformen für die Wertfindung eignen.

Controlling

Je nach Modell kann die produzierte Menge bestimmt werden über die Zahl der gelieferten Kernkomponenten oder über den Ertrag bzw. Umsatz aus dem lizensierten Produkt. Unabhängig davon sollte im Vertrag der Lizenzvergabe vereinbart werden, dass eine westliche Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit einer jährlichen Sonderprüfung und Berichterstattung an beide Parteien beauftragt wird.

Controlling im Sinne von Führung des Engagements sollte, wenn möglich, jedoch erfolgen über eine gemeinsame Plattform zur Weiterentwicklung der Produkte, Ausweitung der Anwendungsbereiche und nicht zuletzt über die sukzessive Vertiefung der wechselseitigen Beziehungen, z. B. im Sinne eines procurement.

Jürgen Bächle
Jürgen Bächle

ist seit 1989 als selbständiger Steuerberater und Experte im internationalen Steuerrecht tätig und seit über 20 Jahren Mitglied im Vorstand des Deutschen Steuerberaterverbandes Baden-Württemberg, DSTVBW.

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