Abfindungen im internationalen Steuerrecht

 

Der BFH hatte in einem Fall zu Liberia, der jedoch auf alle anderen Länder mit Ausnahme der Schweiz übertragbar ist entschieden. Es ging um eine Abfin­dung, die anläss­lich der Auflö­sung eines Dienst­ver­hält­nisses gezahlt wurde. Der BFH urteilte, daß für diese Abfin­dungen, soweit es sich nicht um Versor­gungs­be­züge handelt, der Staat das Besteue­rungs­recht hat, in dem der Empfänger zum Zeitpunkt der Zahlung ansässig war. Zu dem Ergebnis kam der BFH weil diese Vergü­tung kein zusätz­li­ches Entgelt für die frühere Tätig­keit darstellt und nicht für eine konkrete wo auch immer ausge­übte Tätig­keit gezahlt wird. Die Abfin­dung wird in aller Regel als Sozial­aus­gleich für den Verlust des Arbeits­platzes gezahlt, steht also gerade nicht mit Arbeits-Einkünften in Zusammenhang.

 

 

Karenzentschädigungen und Ausgleichszahlungen

 

Dasselbe gilt für Karenz­ent­schä­di­gungen und Ausgleich­zah­lungen für Wettbe­werbs­ver­bote. Diese sind zwar Ausfluss der voran­ge­gan­genen Tätig­keit, werden aber nicht zusätz­lich für die frühere Tätig­keit, sondern für das zukünf­tige Unter­lassen gezahlt. Sie können daher wie Abfin­dungen anläss­lich der Auflö­sung eines Dienst­ver­hält­nisses keiner Tätig­keit zugeordnet werden. Nach Art. 15 des OECD-MA hätte daher der jeweils aktuelle Ansäs­sig­keits­staat für diese Art von Entschä­di­gungen das Besteuerungsrecht.

 

Das passte dem deutschen Fiskus aber nicht. Er sorgte für eine Änderung des deutschen Einkom­men­steu­er­ge­setzes und hat dies anschlie­ßend selbst in einem BMF-Schreiben auch noch kommen­tiert. Die jewei­ligen DBA wurden jedoch nicht geändert, sodass wegen des Vorrangs völker­recht­li­cher Verein­ba­rungen eigent­lich die alte Rechts­lage weiter gilt. Das Bundes­fi­nanz­mi­nis­te­rium (BMF) hat im Jahr 2018 ein für die Finanz­ver­wal­tung bindendes, für den Steuer­pflich­tigen jedoch nicht bindendes Schreiben zur Besteue­rung von Arbeits­lohn mit Auslands­bezug heraus­ge­geben. Auf 95 schwer zu lesenden Seiten wird dort beinahe jedes Detail behan­delt. Hinsicht­lich der Abfin­dungen vertritt das BMF in TZ 220 ff. die Ansicht, dass Abfin­dungen für den Verlust des Arbeits­platzes zeitan­teilig in den Ländern zu besteuern sind, in denen die Arbeit physisch geleistet wurde. Andere Länder sehen das aber ganz anders, so z.B. Frank­reich. Immerhin bestä­tigt das BMF-Schreiben, dass die Abfin­dung gezahlt für den Verlust des Arbeits­platzes und nicht etwa für die Ausübung einer Tätig­keit. Von daher ist es bereits fraglich, ob Abfin­dungen vom Wirkungs­be­reich des Artikel 15 DBA überhaupt erfasst sind.

 

 

Abfindungen: Sonderfall Schweiz

 

Die Schweiz ist ein Sonder­fall, hier wurde vom BMF am 25.3.2010, IV B 2 — S 1301-CHE/07/10015 eine Verstän­di­gungs­ver­ein­ba­rung zu Art. 15 DBA unter­zeichnet: Mit der Konsul­ta­ti­ons­ver­ein­ba­rung vom 17.3.2010 zur Besteue­rung von Abfin­dungs-zahlungen wurde mit der Eidge­nös­si­schen Steuer­ver­wal­tung verein­bart, dass es hinsicht­lich der steuer­li­chen Beurtei­lung auf den Charakter der Abfin­dung ankommt. 

 

Ist einer Abfin­dung Versor­gungs­cha­rakter beizu­messen – z.B. wenn laufende Pensions-zahlungen kapita­li­siert in einem Betrag ausge­zahlt werden –, steht das Besteue­rungs­recht entspre­chend Artikel 18 des Abkom­mens dem Wohnsitz­staat zu. Dagegen hat der (frühere) Tätig­keits­staat das Besteue­rungs­recht, sofern es sich bei der Abfin­dung um Lohn- oder Gehalts­nach­zah­lungen oder Tantiemen aus dem früheren Arbeits­ver­hältnis handelt oder die Abfin­dung allge­mein für das vorzei­tige Ausscheiden aus dem Dienst gewährt wird. Für den Fall, dass der Arbeit­nehmer in der Zeit vor dem Ausscheiden aus dem Dienst auch teils in dem Staat, in dem er ansässig ist, tätig war, ist die Abfin­dung zeitan­teilig entspre­chend der Besteue­rungs­zu­ord­nung der Vergü­tungen aufzuteilen.

 

Werden jedoch die Abfin­dungen aus Anlass der Auflö­sung des Arbeits­ver­hält­nisses, die eine in einem Vertrags­staat wohnende Person nach Wegzug aus dem Tätig­keits­staat, von ihrem ehema­ligen, im anderen Vertrags­staat ansäs­sigem Arbeit­geber erhält, nicht im ehema­ligen Tätig­keits­staat besteuert, können diese Abfin­dungs­zah­lungen im Wohnsitz­staat der Person besteuert werden.”

 

 

Folge für die Besteuerung

 

Die Abfin­dung, die für das Ausscheiden aus einem Deutschen Dienst­ver­hältnis an einen in der Schweiz lebenden Bürger gezahlt wird, kann nur in Deutsch­land besteuert werden. Es handelt sich nicht um eine Tätig­keits­ver­gü­tung. Sachlich sind Abfin­dungen auch unter den Aspekten des Art. 15 a DBA zu betrachten. Soweit die Abfin­dung allge­mein für das vorzei­tige Ausscheiden aus dem Dienst gewährt wird, liegt unseres Erach­tens keine Tätig­keits­ver­gü­tung i.S.d. Art. 15a DBA vor. Der Fall ist bislang nicht gericht­lich geklärt.

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    Jürgen Bächle

    Jürgen Bächle

    ist seit 1989 als selbständiger Steuer­be­rater und Experte im inter­na­tio­nalen Steuer­recht tätig und seit über 20 Jahren Mitglied im Vorstand des Deutschen Steuer­be­ra­ter­ver­bandes Baden-Württemberg, DSTVBW.

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