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Kindergeld im Ausland

Sozialleistungen in grenzüberschreitenden Fällen: EU und Schweiz

Inhaltsverzeichnis

Steuerliche Ansässigkeit

Wie ist das Kindergeld im Ausland geregelt? In Deutschland ist das Kindergeld im Rahmen des Einkommensteuergesetzes geregelt. Um überhaupt einen Anspruch auf Kindergeld zu haben, muss man in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig sein. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn man in Deutschland eine Wohnung unter solchen Bedingungen hat, die darauf schließen lassen, dass man sie Wohnung behalten und benutzen wird. Das wird zum Problem, wenn die Eltern zum Beispiel aufgrund einer Entsendung zeitlich befristet ins Ausland umziehen und die alte Wohnung beibehalten. Selbst dann, wenn diese Wohnung voll eingerichtet ist und man sie Im Urlaub benutzt und sie auch für die Zeit nach der Rückkehr beibehält, sehen die Finanzgerichte Keine Wohnung im Sinne des § 8 AO und verneinen den Kindergeldanspruch.

Andererseits kann man auch ohne Wohnung In Deutschland einen Kindergeldanspruch haben. Wer einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat oder hier arbeitet für den kommt ein Anspruch grundsätzlich in Frage. Wer nicht im Inland tätig ist, aber einen Antrag stellt, wonach er als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt wird, hat ebenfalls einen Anspruch auf Kindergeld. dafür kommen Fälle in Frage, bei denen der berechtigte im EWR-Raum bzw. in der Schweiz wohnt, Und hierzulande mindestens 90% seiner gesamten Einkünfte zum Beispiel aus der Beteiligung an einem Unternehmen bezieht.

Eigene Kinder und Kinder des Ehegatten

Kindergeld im Ausland: In grenzüberschreitenden Kindergeldfällen ist innerhalb des EWR ( EU, Norwegen, Island, Liechtenstein und Schweiz) vorrangig vor den nationalen Vorschriften die Verordnung der EU 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit anzuwenden. Diese Verordnung regelt das Kindergeld nicht einheitlich für alle Staaten. Es geht ausschließlich um die Bestimmung:

  • Für welche Kinder bekommt man Kindergeld?
  • Welche Kindergeldkasse ist zuständig?
  • Wer erhält das Kindergeld ausgezahlt?

 

Zur ersten Frage hat der Europäische Gerichtshof (EUGH) mit Urteil vom 2. April 2020 entschieden, dass Kindergeld nicht nur für die eigenen Kinder und für die im Haushalt lebenden Kinder des Ehegatten aus einer früheren Beziehung zu zahlen ist. Wer für den Lebensunterhalt für das Kind seines Ehegatten aus einer früheren Beziehung aufkommt, ist ebenfalls zum Bezug von Kindergeld berechtigt.

Entschieden wurde über den Anspruch eines Grenzgängers, der für den Lebensunterhalt eines im europäischen Ausland lebenden Kindes seines Ehegatten aufkam. Nach einer Gesetzesänderung im Jahr 2016 galten solche Kinder nicht mehr als Familienangehörige. Folglich bestand nach deutschem Recht für diese Kinder kein Kindergeldanspruch mehr. Diese gesetzliche Regelung steht dem Grundrecht auf freie Bestimmung des Wohnortes aller EU-Bürger entgegen und ist deshalb nicht anzuwenden, soweit der Fall insgesamt innerhalb der EU und der Schweiz angesiedelt ist.

Kindergeld im Ausland: das zuständige Land

Beim Thema “Kindergeld im Ausland” kommen Ansprüche auf Kindergeld in der Regel in mehreren Staaten gleichzeitig in Betracht. Um zu verhindern, dass Personen zumindest innerhalb der EU und der Schweiz mehrfach Kindergeld beziehen, wurden Regeln vereinbart, wonach ein Kindergeldanspruch grundsätzlich nur dem Recht eines Landes zuzuordnen. Wen die Eltern als Arbeitnehmer oder Selbständiger tätig sind, wird das Kind dem Land zugeordnet, in dem die Eltern ihr Einkommen erzielen. Wenn dafür mehrere Länder in Frage kommen, weil die Eltern in unterschiedlichen Ländern arbeiten, ist das Land zuständig, in dem das Kind wohnt.

Wenn nach dieser Zuordnung weniger Kindergeld zu zahlen ist, als es bei Tätigkeit der Eltern im Wohnsitzstaat des Kindes zu zahlen wäre, dann kommt ein Kindergeldzuschlag in Betracht. Zuständig dafür ist das Land, indem das Kind wohnt.

An wen wird das Kindergeld ausgezahlt?

Probleme entstehen dann, wenn die Eltern sich nicht einig sind und mehrere Personen Anspruch auf Auszahlung des Kindergeldes erheben. Nach der EU Verordnung wird in diesen Fällen zunächst das zuständige Land bestimmt. Sodann gelten die national unterschiedlichen Bestimmungen darüber, an wen das Kindergeld beziehungsweise der Zuschlag zu leisten ist. Im Normalfall ist das Kindergeld an den Elternteil gezahlt bei dem das Kind lebt. Kommt es zu keiner eindeutigen Antwort oder Einigung, so wird nach deutschem Recht das Kindergeld an den Elternteil gezahlt, der den höheren Barunterhalt leistet. 

Jürgen Bächle
Jürgen Bächle

ist seit 1989 als selbständiger Steuerberater und Experte im internationalen Steuerrecht tätig und seit über 20 Jahren Mitglied im Vorstand des Deutschen Steuerberaterverbandes Baden-Württemberg, DSTVBW.

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