Home Office auf Mallorca

 

Eigent­lich wollte man ja nur Urlaub machen. Aber irgendwie hat es der Laptop geschafft, sich ins Reise­ge­päck zu schmug­geln. Und wenn nicht, dann ist da ja noch der unver­zicht­bare Begleiter, das Smart­phone. Nicht nur im Home-Office, selbst im Urlaub ist es schwierig, Arbeit und Privat­leben ausein­ander zu halten. Der struk­tu­relle Wandel der gesamten Arbeits­welt ist geprägt durch Digita­li­sie­rung. Im Zentrum stehen die verän­derten Bedürf­nisse von Arbeit­neh­mern, die mehr im Home-Office arbeiten und damit eine ausge­gli­che­nere Work-Life-Balance errei­chen. Die neue Arbeits­welt steht zugleich für größere Selbst­stän­dig­keit, mehr persön­liche Freiheit. Die Entfer­nung zwischen Sitz des Unter­neh­mens und dem Ort der persön­li­chen Arbeits­lei­tung spielt dabei kaum noch eine Rolle. Das Home-Office kann daher auch in einem anderen Land als dem des Arbeit­ge­bers liegen. Das hat weit reichende Folgen für das Unternehmen und für die Arbeit­nehmer, für Mieter und Vermieter von Wohnungen.

 

Soll ich, darf ich überhaupt mein Home-Office auf Mallorca einrichten? Diese Frage stellen sich viele, die sich nicht erst im Renten­alter „reif für die Insel“ fühlen. Die Grund­frei­heiten in der EU erlauben es jedem EU-Bürger und über die bilate­ralen Verträge auch den Schwei­zern, sich in Spanien und damit auch auf Mallorca nieder­zu­lassen und hier selbständig oder als Angestellte zu arbeiten. Doch gilt es hier einige Dinge zu beachten, das beginnt bereits bei der Nutzung der Wohnung. Sofern sich diese in einer Eigen­tü­mer­ge­mein­schaft befindet, braucht man für die beruf­liche Nutzung nämlich deren Zustim­mung. Ansonsten ist das nach den üblichen Mietver­trägen bereits ein Grund zur frist­losen Kündi­gung der Wohnung. Zumin­dest müsste man mit einer deutli­chen Mieterhö­hung rechnen, denn die gewerb­liche Vermie­tung von Immobi­lien unter­liegt in Spanien der Umsatz­steuer. Eine gewerb­liche Nutzung liegt auch dann vor, wenn die Immobilie als Betriebs­stätte gilt. Eine solche liegt bereits dann vor, wenn in einer Wohnung eine Vollzeit­ar­beits­kraft tätig ist. Damit geraten die Arbeits­zimmer von Mitar­bei­tern im Home-Office in den Focus der spani­schen Finanz­be­hörden, die vom Vermieter der Räume Umsatz­steuer erheben. In den Standard­miet­ver­trägen über Wohnungen ist deshalb die Nutzung als Büro ausge­schlossen und als beson­derer Kündi­gungs­grund vereinbart.

 

Arbeitsrecht

 

Zunächst hat die vom Arbeit­geber zugestan­dene Arbeit im Home-Office keinen unmit­tel­baren Einfluss auf das Recht, dem der Arbeits­ver­trag unter­steht. Wer auf Mallorca im Home-Office für den deutschen Arbeit­geber tätig ist, hat denselben Kündi­gungs­schutz wie die Kollegen, die im Betrieb arbeiten.  Wenn das Home-Office jedoch zum gewöhn­li­chen Arbeits­platz wird, dann unter­steht das Arbeits­ver­hältnis dem spani­schen Arbeits­recht mit gänzlich anderen Regeln, z.B. verkürzter Kündi­gungs­zeit, anderen Urlaus­re­geln, kaum noch Sozial­leis­tungen. Eine Zusatz­ver­ein­ba­rung mit Rechts­wahl nach deutschem Arbeits­recht führt nicht wirklich weiter.

 

 

Steuer

Spanien ist nicht gerade das, was man ein Steuer­pa­ra­dies nennen könnte und zudem sehr bürokra­tisch und restriktiv, was die Durch­set­zung seiner Ansprüche angeht. Wer dort arbeitet kommt schon selbst auf die Idee, dass Steuern anfallen könnten. Aber wie ist das bei nur zeitweise Arbeit, gibt es da nicht so etwas wie die 90 oder 183 Tage-Regel? Klar ist schon mal, wer in einem Land eine Wohnung regel­mäßig nutzt, und sei es die Wohnung der Freundin, hat dort einen steuer­li­chen Wohnsitz. Darauf folgt die unbeschränkte Steuer­pflicht mit dem weltweiten Einkommen. Wenn diese Person in einem anderen Land ebenfalls eine Wohnung hat, dann ist sie in beiden Ländern unbeschränkt mit dem weltweiten Einkommen steuer­pflichtig. Soweit ein Abkommen zur Vermei­dung der Doppel­be­steue­rung (kurz: DBA) besteht, wird bei mehreren Wohnungen zunächst der Mittel­punkt der Lebens­in­ter­essen bestimmt. In einem zweiten Schritt wird dann für jede Einkunftsart einzeln bestimmt, welches Land entweder auf die Ausübung seiner Rechte verzichten, oder ob es die im anderen Land bezahlte Steuer anrechnen muss. Bei Arbeit­neh­mern, dazu zählen auch angestellte Geschäfts­führer, soll jedes Land den Teil des Einkom­mens versteuern, der auf die dort geleis­teten Arbeits­tage entfällt. Das gilt nicht, wenn man weniger als 183 Tage im Jahr in dem (Urlaubs-)Land aufhält, das nicht den mittel­pinkt der Lebens­in­ter­essen darstellt und zugleich der Lohn auch nicht von einem Arbeit­geber oder einer Betriebs­stätte getragen wird, die sich in diesem (Urlaubs-)Land befindet. Und genau da liegt der Haken beim Home-Office.

 

Ein Home-Office ist nämlich in aller Regel eine Betriebs­stätte im Sinne der DBA. Es besteht somit bei Arbeiten im Home-Office eine Inter­ak­tion der Besteue­rung der tätigen Personen mit den steuer­li­chen Anfor­de­rungen an den Arbeit­geber. Deshalb spielt die 183 ‑Tage-Regel nur selten eine Rolle. Und es kommt noch deutli­cher. Wenn eine Betriebs­stätte beispiels­weise auf Mallorca vorliegt, wird nicht nur der Arbeit­nehmer, sondern wird sein Arbeit­geber ebenfalls in Spanien steuer­pflichtig und muss dort eine Buchhal­tung erstellen, Steuer­erklä­rungen abgeben und darüber das wirtschaft­liche Ergebnis der Betriebs­stätte in Spanien versteuern. Das nicht zu tun, sollte man sich besser gar nicht erst überlegen.

 

In der Besteue­rung der Unternehmen geht Spanien einen gänzlich anderen Weg, als z.B. Deutsch­land oder die Schweiz. Das gilt vor allem bei Perso­nen­ge­sell­schaften (OHG, KG, GmbH & Co KG bzw. Kollek­tiv­ge­sell­schaft). Auf diese spezi­elle Thematik soll an dieser Stelle nicht näher einge­gangen werden. Das gilt auch für das sog. Beckham-Gesetz, das in bestimmten Fällen eine reduzierte Besteue­rung von Arbeits­ein­kommen vorsieht. Das Beckham-Gesetz gilt jedoch nicht, wenn die Arbeit einer Betriebs­stätte zu geordnet wird, womit eigent­lich nur noch Spitzen­sportler von dieser Regel profitieren. 

 

 

Zuordnung zur Sozialversicherung

 

In der EU ist die Sozial­ver­si­che­rung in einem überge­ord­neten Gesetz geregelt, nach dem jeder EU-Bürger grund­sätz­lich dem System nur eines einzigen Landes zugeordnet wird. Anders als bei der Steuer erfolgt keine Auftei­lung. Solange man nur in dem Land tätig ist, in dem man auch den Mittel­punkt seiner Lebens­in­ter­essen hat, sollten die Verhält­nisse geklärt sein. Bei Verla­ge­rung des der Lebens­in­ter­essen in ein anderes Land oder Ausübung der Erwerbs­tä­tig­keit in mehreren Ländern, auch in einem Home-Office muss die Länder-Zuord­nung geprüft werden.

In Deutsch­land werden abgesehen von Künst­lern und Selbstän­digen in einigen Berufen nur die in der Privat­wirt­schaft tätigen Arbeit­nehmer zur Sozial­ver­si­che­rung heran­ge­zogen. Wer in einer GmbH beschäf­tigt ist, an der er / sie mehr als 50% der Stimm­rechte hat, gilt man jedoch als Unter­nehmer und ist damit nicht SV-pflichtig. In der Schweiz hingegen werden sämtliche Erwerbs­tä­tige und somit auch selbst­stän­dige Unter­nehmer zur Sozial­ver­si­che­rung heran­ge­zogen. In Spanien unter­liegen Arbeit­nehmer und gleich­ge­stellte Personen, nicht aber im Betrieb des Arbeit­ge­bers und mit ihm ein einem Haushalt lebende Angehö­rige der Sozial­ver­si­che­rung. Es macht daher einen erheb­li­chen Unter­scheid, welchem System man zugeordnet wird. Sobald diese Zuord­nung nach objek­tiven, teils auch subjek­tiven Krite­rien erfolgt ist, wird das gesamte Erwerbs­ein­kommen nach den Regeln dieses Systems behan­delt. Hat eine Ehepaar in Deutsch­land z.B. eine GmbH, an welcher der Ehemann zu 51% und seine Frau zu 49% betei­ligt ist, dann gilt er nach dem deutschen Recht nicht als SV-pflichtig, sie hingegen schon. In Spanien würde auch die Ehefrau aus der SV heraus­fallen, wenn die beiden im gemein­samen Haushalt leben.  In der Schweiz wiederum wären beide mit dem gesamten Erwerbs­ein­kommen SV-pflichtig.

 

Änderung der EU-Verord­nung zur Sozial­ver­si­che­rung seit 1.7.2023 gilt auch in Spanien

Ausschließ­lich für Personen, die über Telear­beit remote arbeiten, gilt seit 1. Juli 2023 eine neue Regelung, die insoweit die EU-VO 83/2004 überschreibt. Auf einver­nehm­li­chen Antrag, der  vom Arbeit­geber und Arbeit­nehmer gemeinsam zu stellen ist können Arbeit­nehmer, die ihre Tätig­keit physisch in mehreren Staaten ausüben, dem Sozial­ver­si­che­rungs­recht des Staates unter­stellt werden, dem der Arbeit­geber seinen Sitz hat. Voraus­set­zung ist, dass der Arbeit­nehmer in seinem Wohnsitz­staat weniger als 50% seiner Arbeits­zeit leistet. Die allge­meine Grenze von 25% wird für die Telear­beit damit erhöht auf 49,9%.

Dies gilt jedoch nicht EU-weit, sondern nur im Verhältnis der 12 Staaten, die das Abkommen unter­zeichnet haben. Dazu zählt auch Spanien. Wer somit auf Mallorca für einen Arbeit­geber in Deutsch­land oder in der Schweiz arbeitet, der muss sich an den allge­meinen Regeln der EU-VO 88372004 orien­tieren, wird ab 25% der Arbeits­zeit in Spanien SV-pflichtig, wenn er /sie dort den Lebens­mit­tel­punkt hat. Auf gemein­samen Antrag mit dem Arbeit­geber kann die Arbeit im Home-Office aber auf knapp unter !!! 50% erhöhen und dem SV-System zugeordnet werden, in dem der Arbeit­geber seinen Sitz hat. Ab 50% Arbeit im Home-Office ist man immer in dem Land SV-pflichtig, in dem man seinen Lebens­mit­tel­punkt hat. 

 

Ehe- und Erbrecht

 

Die Arbeit im Home-Office kann auch zu einer schlei­chenden Verän­de­rung des Ehe- und Erbrechts führen. Sollte eine Familie sich entschließen, den Haupt­wohn­sitz nach Mallorca zu verlegen, wobei der Ernährer teils im Home-Office, teils am Sitz des Arbeit­ge­bers im Ausland arbeitet, ändern sich nach den Bestim­mungen des inter­na­tio­nalen Privat­rechts die allge­meinen Wirkungen der Ehe und auch das Erbrecht. Hier gibt es viele Konstel­la­tionen, die gesetz­lich nicht abschlie­ßend geklärt sind und deshalb aus vertrag­li­cher Ebene z.B. in einem Ehever­trag, Gesell­schafts­ver­trag oder einer erbrecht­li­chen Verfü­gung in Ordnung gebracht werden müssen. Denn es dürfte im deutschen gesetz­li­chen Güter­stand lebenden einer Ehefrau nicht unbedingt gefallen, dass zwar der Güter­stand auch nach dem Umzug nach Spanien erhalten bleibt, sie aber ihr gesetz­li­ches Erbrecht verliert. Gleich­wohl würde in Spanien der beim Tod des Ehemannes anfal­lende Zugewinn­aus­gleich aus Sicht so mancher Berater spani­scher Behörden als Erbschaft versteuert, obwohl der Zugewinn­aus­gleich recht­lich nur die Erfül­lung einer Schuld darstellt.

 

So angenehm die neue Arbeits­welt sein mag, sich die Arbeit im Home-Office anbietet, so sehr sollte man sich beson­ders dann Gedanken machen, wenn das Home-Office ganz oder teilweise im Ausland liegt. Sicht nur vor Ort zu infor­mieren hilft nicht wirklich. Suchen Sie sich einen Experten, der sich im Recht aller betei­ligten Ländern auskennt und vor allem. Sprechen Sie mit allen Betei­ligten, somit der Familie, dem Arbeit­geber, aber auch Ihre Vermieter oder der Eigen­tü­mer­ge­mein­schaft über Ihr Vorhaben.

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    Jürgen Bächle

    Jürgen Bächle

    ist seit 1989 als selbständiger Steuer­be­rater und Experte im inter­na­tio­nalen Steuer­recht tätig und seit über 20 Jahren Mitglied im Vorstand des Deutschen Steuer­be­ra­ter­ver­bandes Baden-Württemberg, DSTVBW.

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