StaRUG 2021: Die Spreu vom Weizen trennen
Um sich anbahnende Krisen möglichst früh erkennen zu können, sind Geschäftsleiter verpflichtet, im Rahmen eines Risiko-Management Instrumente einzurichten, welche frühzeitig Entwicklungen aufzeigen, welche den Fortbestand des Unternehmens gefährden können. Diese Pflicht besteht schon lange, fand sich aber im Gesetz nicht so explizit. Das ist seit dem 1. Januar 2021 nun anders. Für Unternehmen aller Rechtsformen besteht im Rahmen des Gesetzes zur Sanierung und Restrukturierung von Unternehmen, StaRUG nun eine Pflicht der Geschäftsführer zur Krisenfrüherkennung.
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StaRUG verpflichtet Geschäftsführer zur Einführung von Instrumenten zur Identifizierung und Früherkennung von Krisen
Die konkrete Ausformung und Reichweite dieser Pflicht bei der StaRUG ist von der Größe, Branche, Struktur und auch der Rechtsform des jeweiligen Unternehmens abhängig. Dazu verweisen wir auf www.bmjv.bund.de Auf dieser Internetseite nennt das Bundesjustizministerium die Instrumentarien zur frühzeitigen Identifizierung von Krisen. Im Zuge der Erstellung des Jahresabschlusses 2020 wird es darauf ankommen, ob unter dem Aspekt der aktuellen Krise entsprechende Instrumente vorhanden sind und ob basierend auf den daraus gewonnenen Erkenntnissen überhaupt noch zu Fortführungswerten bilanziert werden darf.
In den letzten Monaten haben Automobilzulieferer, Möbelfabriken und viele andere einstmals äußerst erfolgreiche und bekannte Unternehmen Insolvenz angemeldet. Andere, wie die Lufthansa oder TUI, können sich nur mit staatlicher Hilfe davor retten. Aber wer rettet die vielen Einzelhändler, Restaurants und Hotels, die Friseure, die Künstler, die Eventveranstalter und Messebauer? Was ist mit den Startups, die 2019 noch keine Umsätze hatten und deshalb von den Corona-Hilfen ausgeschlossen sind?
Wer die Sachlage prüft und keine tragfähige Lösung sieht, sollte es sich jetzt überlegen und einen klaren Schnitt ziehen. Jetzt Verluste zu finanzieren bedeutet, später Altschulden aus zukünftigen Gewinnen bedienen zu müssen. Das schränkt die Fähigkeit zur Neuausrichtung und Innovation stark ein. Dass Unternehmen in eine Krise geraten können, ist nicht neu. Bisher fehlte ein Rechtsrahmen, der in sich schlüssig eine Sanierung und Restrukturierung ermöglichte.
Am 1. Januar 2021 trat das Unternehmensstabilisierungs- und Restrukturierungsgesetz in Kraft
Zum 1. Januar 2021 trat nun das Unternehmensstabilisierungs- und Restrukturierungsgesetz, kurz StaRUG, in Kraft. Unternehmen, die so wie bisher nicht mehr weiterkommen, sich gleichzeitig aber nicht von Altlasten befreien und mit dem positiven Teil weitermachen können, soll damit eine Fortführung ermöglicht werden. Dazu ist eine Anzeige des Vorhabens und des Plans beim zuständigen Amtsgericht / Restrukturierungsgericht erforderlich. Lesen Sie dazu den Beitrag Sanierung / Restrukturierung. Doch befassen wir uns zunächst mit dem, was aktuell zu tun ist. Der Jahresabschluss 2020 ist zu erstellen, und zwar diesmal sehr kurzfristig.
Jahresabschluss erstellen in der Corona-Zeit
Im Rahmen des StaRUG müssen auch alteingesessene Unternehmen ernsthaft prüfen, ob sie vor dem Hintergrund der Corona-Krise noch zu Fortführungswerten bilanzieren dürfen. Das entscheidet sich anhand eines Businessplans, den Sie jetzt schon zu Ihrer eigenen Sicherheit aufstellen sollten, um nicht persönlich haftbar zu sein für Schulden des Unternehmens. Als Geschäftsführer einer GmbH sind Sie bei drohender Insolvenz infolge von Überschuldung oder Liquiditätsproblemen in der Pflicht, Insolvenz anzumelden. Die Antragspflicht ist bis Ende Januar 2021 ausgesetzt. Daher kommt es bei der Erstellung des Jahresabschlusses 2021 erstens darauf, diesen sehr zeitnah zu erstellen, in der Krise hat man dafür nur wenige Wochen Zeit. Man kann sich auch nicht damit herausreden, dass der Steuerberater überlastet sei und keine Zeit hatte. Dann muss man sich eben einen anderen suchen. Zum Thema der Vermeidung und Beseitigung der bilanziellen Überschuldung lesen Sie bitte den gesonderten Aufsatz.
Mit guter Planung Insolvenz anmelden
Keiner gibt so leicht auf. Aber es ist oft besser und verantwortungsvoller, in einer derart schwierigen und unübersichtlichen Lage statt eines Kräfte zehrenden Umbaus den Neuanfang zu gestalten. Dennoch sollte man eine Insolvenz nicht planlos anmelden. Sorgen Sie zumindest vor der Anmeldung dafür, dass die Anknüpfungspunkte für eine persönliche Haftung der Geschäftsführung beseitigt werden. Das betrifft vor allem die Zahlung von Lohnsteuern und Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung. Es muss aber auf dem Überweisungsträger ausdrücklich vermerkt werden, dass es sich um Arbeitnehmer Beiträge handelt. Die Arbeitgeberbeiträge kann man im Zweifel ruhig schuldig bleiben. Das sollte man vorsichtshalber auch, um keine Gläubigerbegünstigung zu betreiben.
Bringen Sie vor der Anmeldung einer Insolvenz unbedingt Ihre Bücher in Ordnung, denn ohnehin muss dem Insolvenzantrag ein vollständiges Verzeichnis aller Forderungen und Schulden beigefügt werden. In beinahe jedem Unternehmen gibt es Bereiche, die positiv sind und andere Bereiche, die einen unnötig aufhalten oder sogar Verluste einfahren. Es wäre schade, die positiven Bereiche einfach nur untergehen zu lassen. Im Zweifel könnte man sie separieren und sichern damit ein Unternehmen erhalten bzw. es später gesondert zu verkaufen.
Verfassen Sie einen Businessplan
Bereiten Sie deshalb soweit Sie es können einen Businessplan vor. Bestimmen Sie die assets und die Mitarbeiter, die unbedingt gerettet bzw. gehalten werden sollen. Halten Sie nicht unbedingt an Immobilien fest, wenn Sie flexibel, d.h. mobil bleiben müssen. Die Immobilien laufen nicht weg, notfalls kann man sie später wieder zurückkaufen oder merkt, dass man sie schon vorher nicht wirklich gebraucht hat und man viel zu lange daran festgehalten hatte.
Vor allem handeln Sie in Anbetracht von StaRUG auch zügig, Ihnen läuft die Zeit davon. Eine erfolgreiche Sanierung wird dabei immer unwahrscheinlicher und Sie riskieren in der Insolvenz den Kontrollverlust über das Unternehmen. Mit einem realistischen Businessplan haben Sie die Chance, die Insolvenz auch in Selbstverwaltung führen zu dürfen. In der für Anfang 2021 geplanten Änderung des Insolvenzrechts ist vorgesehen, das die Eigenverwaltung beziehungsweise das Schutzschirmverfahren nur noch dann angeordnet wird, wenn die Geschäftsführung durch einen qualifizierten Berater begleitet wird.
Eine sanierende Übertragung von Teilbereichen des Unternehmens muss krisenfest auch im Sinne der Insolvenzordnung gestaltet und vollzogen werden. Dazu bedarf es einer umfassenden rechtlichen, steuerrechtlichen und wirtschaftlichen Expertise. Vor allem aber bedarf es einer Ehrlichkeit gegenüber sich selbst. Es ist keine Schande, im Zuge von Corona diesen harten Weg gehen zu müssen und man fällt nicht einmal besonders auf damit. Es wäre aber nicht in Ordnung, sich selbst, seiner Familie und seinen Mitarbeitern durch Eigensinn und Sturheit den Weg in die Zukunft zu verbauen. Zu guter Letzt ein Zitat des französischen Historikers, Jean Jaurès: Tradition zu bewahren, ist nicht die Anbetung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers!