Erbrecht und Erbschaftsteuer / Schenkungsteuer

 

Welches Erbrecht ist anwendbar, Wirksamkeit von Testamenten

 

Beim Tod  einer Person geht deren Vermögen in Gänze auf ihre Erben über, es kommt zur Gesamt­rechts­nach­folge. Wenn der Erblasser und die Erben im selben Land ansässig waren bzw. sind und auch das gesamte Vermögen in diesem Land angesie­delt ist, sollten die Verhält­nisse relativ klar sein. Jedoch können sich bereits bei der Frage der Ansäs­sig­keit des Erblas­sers Probleme ergeben, wenn dieser sich nur zeitweise in dem Land aufhielt oder erst kurz vor seinem Tod zugezogen ist. Denn es geht zunächst darum, das anzuwen­dende gesetz­liche Erbrecht und die Gültig­keit und Anwend­bar­keit etwaige letzt­wil­liger Verfü­gungen zu bestimmen.

Das europäi­sche Erbrechts­statut bestimmt als anwend­bares Recht in der Regel das Recht des Landes, in dem der Erblasser zuletzt dauer­haft gelebt hat. Das kann entgegen jeder Planung auch ein Land sein, in dem der vielleicht pflege­be­dürf­tige Mensch zuletzt versorgt wurde. Ein Pflege­heim in Marienbad / Tsche­chien bietet oft mehr Komfort und Pflege­dienste an, als man für dasselbe Geld in Deutsch­land oder in der Schweiz bekäme. Wer das tsche­chi­sche Erbrecht kennt, kann sich damit anfreunden oder auch nicht. Es kann abwei­chend aber auch das Erbrecht des Landes für anwendbar erklärt werden, zu dem der Verstor­bene die engeren Bezie­hungen hatte. Insoweit können die Erben unter­schied­liche Meinungen haben und entspre­chend unter­schied­liche Inter­essen vertreten.

 

 

Es sollte daher aufgrund von testa­men­ta­ri­scher Rechts­wahl gegebe­nen­falls in Abstim­mung mit einer güter­recht­li­chen Rechts­wahl durch Ehever­trag auf einen Gleich­lauf von Erbrecht und Ehegü­ter­recht geachtet werden. Relevant wird dies insbe­son­dere auch bei rein deutschen Ehen, für die deutsches Ehegü­ter­recht gilt, da die Ehegatten bei Eheschlie­ßung ihren ersten gemein­samen gewöhn­li­chen Aufent­halt in Deutsch­land hatten, später aber gemeinsam ihren gewöhn­li­chen Aufent­haltsort ins Ausland verlegt haben und mit Inkraft­treten der EU-ErbVO nach dem auslän­di­schen Erbrecht beerbt werden.

Es empfiehlt sich daher frühzeitig darüber nachzu­denken, ob man nicht mindes­tens ein Testa­ment errichtet, in dem notfalls ausschließ­lich das anzuwen­dende Erbrecht bestimmt wird.

Liegt kein Testa­ment vor und tritt die Erbfolge nach dem gesetz­li­chen spani­schen Erbrecht in Kraft,. erben die Kinder bzw. die Enkel alles, notfalls treten an deren Stelle die Eltern und Großel­tern des Verstor­benen. Der überle­gende Ehegatte erbt nichts außer in den Fällen, in denen es keine Verwandten in gerader Linie gibt.

Erbt der überle­bende Ehegatte nichts, steht ihm jedoch das Nutzungs­recht an dem Nachlass zu. In welcher Höhe dem Ehegatten dieses Nießbrauchs­recht zusteht, richtet sich danach, wer als gesetz­li­cher Erbe berufen ist. Neben Kindern und Enkeln als Erben erhält der Ehepartner den Nießbrauch an einem Drittel des Nachlasses. Neben Eltern und Großel­tern steht ihm ein Nießbrauch­recht an der Hälfte des Nachlasses zu. Neben Seiten­ver­wandten des Erblas­sers als Erben besteht ein Nießbrauch­recht an zwei Dritteln des Nachlasses. Das klingt kompli­ziert und ist es auch.

Daher ist bei Wohnsitz oder Vermögen in Spanien unbedingt zu einer letzt­wil­ligen Verfü­gung / Errich­tung eines Testa­ments zu raten. Dabei ist eine Abstim­mung mit dem eheli­chen Güter­recht unver­zichtbar, siehe dazu die Ausfüh­rungen im nächsten Absatz.

Ist das Testa­ment oder die letzt­wil­lige Verfü­gung wirksam nach dem Recht eines EU-Staates errichtet worden, dann hat es auch Gültig­keit in allen anderen EU-Ländern und somit auch in Spanien.  Man gilt dabei in Spanien anders als in vielen Ländern schon mit dem vollendeten vierzehnten Lebens­jahr als testier­fähig und kann ab diesem Zeitpunkt ein wirksames Testa­ment errichten, dann jedoch nicht als eigen­hän­diges, sondern in anderer Form wirksam errich­tetes Testament. 

Es ist unbedingt darauf zu  achten, dass man kein gemein­schaft­li­ches Testa­ment errichtet, sondern jeweils ein Einzel­te­s­ta­ment. Denn gemein­schaft­liche Testa­mente oder auch Erbver­träge sind nach den Regelungen des Código Civil, nicht hingegen nach einigen in Spanien parallel geltenden sog. Foral­rechten, unzulässig. Wer im Ausland bereits einen Erbver­trag abgeschlossen hat, steht deshalb unter Umständen vor dem Problem, diesen wieder auflösen oder nach entspre­chender Beratung ander­weitig gestalten zu müssen.

Der Erblasser kann in seinem Testa­ment Erben einsetzen, Vermächt­nisse zuwenden, eine Erbein­set­zung mit einer Bedin­gung oder Befris­tung verknüpfen, eine Teilungs­an­ord­nung treffen und eine Testa­ments­voll­stre­ckung anordnen. Sind Kinder vorhanden, können diese nicht gänzlich übergangen werden. Kinder und deren Abkömm­linge, ersatz­weise die Eltern und auch der überle­bende Ehegatte haben einen Anspruch auf eine Mindest­be­tei­li­gung am Nachlass, die diesem Perso­nen­kreis vom Erblasser nicht wirksam durch Testa­ment entzogen werden kann.  Der Pflicht­teil der Kinder beträgt ⅔ des Nachlasses, wenn Kinder nicht als Erben zur Verfü­gung stehen, oder sie z.B. das Erbe nicht angenommen haben, beträgt der Pflicht­teil der Eltern die Hälfte des Nachlasses. Der überle­bende Ehegatte erhält als Pflicht­teil keinen Anteil am Vermögen, aber dafür aber ein Nießbrauchs­recht.

 

 

Zugewinnausgleich im Erbfall

 

Die europäi­sche Erbrechts­ver­ord­nung enthält keine Regelungen zur Behand­lung des staaten­be­zogen unter­schied­li­chen, erbrecht­li­chen Zugewinn­aus­gleichs. Es kann zu einer Diver­genz zwischen anwend­barem Erbrecht und Güter­recht kommen. Es sollte daher im  Testa­ment eine Rechts­wahl hinsicht­lich des anwend­baren Erbrechts getroffen und in Abstim­mung mit einer güter­recht­li­chen Rechts­wahl durch Ehever­trag auf einen Gleich­lauf von Erbrecht und Ehegü­ter­recht geachtet werden. Unver­zichtbar ist dies bei deutschen Ehen, für die deutsches Ehegü­ter­recht gilt, da die Ehegatten ihren ersten gemein­samen gewöhn­li­chen Aufent­halt in Deutsch­land hatten, später aber gemeinsam ihren gewöhn­li­chen Aufent­haltsort ins Ausland verlegt haben.

Zu inhalt­li­chen Wider­sprü­chen kann es kommen, wenn neben dem Europäi­schen Nachlass­zeugnis ENZ ein deutscher Erbschein ausge­stellt wird, der neben der erbrecht­li­chen Quote das güter­recht­liche Viertel des pauschalen Zugewinn­aus­gleichs im Todes­fall nach ausweist, das ENZ hingegen ledig­lich die erbrecht­liche Quote.

Unabhängig davon, ob der Zugewinn­aus­gleich durch pauschale Erhöhung der Erbquote oder durch Ausrech­nung des tatsäch­li­chen Ausgleich­be­trages ermit­telt wird erbt der überle­bende Ehegatte den Zugewinn­aus­gleich nicht, vielmehr erfüllt der Erblasser eine Schuld, die sein hinter­las­senes Vermögen mindert.  Der Erbschaft­steuer unter­liegt deshalb nur das um den Zugewinn­aus­gleich gemin­derte Vermögen des Erblas­sers. Dies wird vielfach übersehen und daher gerade in Spanien oft zu viel Erbschaft­steuer erhoben.

 

 

Erbschaftsteuer in Spanien

 

Sofern der Erbe zum Zeitpunkt des Erbfalls seinen Mittel­punkt der Lebens­in­ter­essen in Spanien hat, unter­liegt die Erbschaft soweit es sich um Erbe handelt und nicht um Zugewinn­aus­gleich und unter­liegt auch jede andere Zuwen­dung z.B. in Gestalt eines Vermächt­nisses der spani­schen Erbschaft­steuer. Nicht unbeschränkt steuer­pflich­tige, im Ausland lebende Empfänger werden mit dem in Spanien belegenen Vermö­gens­werten besteuert, soweit nicht ein DBA Spanien an der Ausübung seiner rechte hindert.

Für diese beschränkt Steuer­pflich­tigen kann die Erbschaft oder das Vermächtnis zudem im Heimat­land steuer­pflichtig werden. Das hängt von den natio­nalen Gesetzen ab. Die Erbschafts­steuer, die zuvor in Spanien bezahlt wurde, kann jedoch in aller Regel unter bestimmten Voraus­set­zungen auf die Erbschafts­steuer, die in Deutsch­land oder dem sonstigen Heimat­land zu zahlen ist, angerechnet werden. Nicht anrechenbar ist in Deutsch­land die spani­sche Erbschaft­steuer auf beweg­li­ches Vermögen,

Nach § 21 des deutschen Erbschafts­steuer und Schen­kungs­steu­er­ge­setz (ErbStG) ist eine Voraus­set­zung für die Anrech­nung der spani­schen Erbschafts­steuer, dass

  • mindes­tens ein Betei­ligter unbeschränkt steuer­pflichtig ist
  • ein Antrag auf Anrech­nung der Erbschafts­steuer gestellt wurde
  • die spani­sche Erbschafts­steuer der deutschen entspricht
  • das Vermögen in Spanien und Deutsch­land steuerbar ist
  • die Steuer in Spanien festge­setzt und bereits gezahlt wurde
  • die deutsche Steuer inner­halb von 5 Jahren seit Entste­hung der Erbschafts­steuer in Spanien entstanden ist

 

 

Kein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bei der Erbschaftsteuer

 

Spanien hat kaum Abkommen zur Vermei­dung der Doppel­be­steue­rung bei der Erbschaft­steuer. Das deutsch-spani­sche Doppel­be­steue­rungs­ab­kommen z.B. betrifft grund­sätz­lich nur die Steuern, die auf Einkommen und Vermögen fällig werden. Für die Erbschafts­steuer findet das Abkommen keine Anwen­dung, sondern hier gelten natio­nale Regelungen. Erbschaft­steuer kann daher in mehreren Ländern parallel anfallen und wird ggf. durch Anrech­nung der Steuer im anderen Land reduziert. In Deutsch­land wird die spani­sche Erbschaft­steuer angerechnet, da sie der deutschen Erbschaft­steuer funktional entspricht. Die Anrech­nung erfolgt nur auf Antrag, den sollte man nicht vergessen. Wurde Erbschaft­steuer in mehreren Staaten gezahlt, mit denen kein DBA hinsicht­lich der Erbschaft­steuer besteht, muss der Antrag für jeden Staat geson­dert gestellt werden.

Teilweise ist noch unklar, ob die Wertzu­wachs­steuer (Plusvalía), die im Erbfall neben der Erbschafts­steuer auf den Wertzu­wachs des Grund und Bodens in Spanien anfällt, auf die deutsche Erbschaft­steuer angerechnet werden kann. Die Plusvalía wird von der Gemeinde erhoben, in deren Gebiet sich eine Immobilie befindet. Wenn keine Anrech­nung erfolgt, kann die Steuer jedoch als Nachlass­ver­bind­lich­keit berück­sich­tigt und abgezogen werden.

 

Ähnlich verhält es sich bei Schen­kungen. Denn die Schen­kung von Vermögen unter­liegt in Spanien der Schen­kungs­steuer (impuesto sobre donaciones), deren Steuer­sätze in der Höhe der spani­schen Erbschaft­steuer entspre­chen. Dies gilt aller­dings nicht in allen Provinzen Spaniens, die Balearen erheben keine Schen­kung­steuer. Bis auf einige wenige Ausnahmen sieht das spani­sche recht bei Schen­kungen keinen persön­li­chen Freibe­trag vor. Ebenso wie bei der Erbschaft fällt neben der Schen­kung­steuer (wo sie erhoben wird) die Grund­stücks­ge­winn- bzw. Wertzu­wachs­steuer i.H.v. 19% an.

Persön­liche Freibe­träge bei Erbschaft und Schen­kung sind in den Provinzen unter­schied­lich geregelt. Die Erbschafts­steuer beträgt in der Regel 1% des steuer­pflich­tigen Nachlasses. Auf Mallorca ist die Höhe des Steuer­satzes abhängig vom Verhältnis zwischen dem Erblasser und dem Erben sowie dem Wert des Erbes und dem bestehenden Vorver­mögen. Der Steuer­satz kann sich hier zwischen einem und 81,6 Prozent bewegen. Daher sind eine voraus­schau­ende Steuer­pla­nung und entspre­chende Gestal­tung unerlässlich.

Die spani­sche Erbschafts­steuer wird inner­halb von sechs Monaten fällig, doch kann inner­halb der ersten fünf Monate nach dem Tod des Erblas­sers eine Frist­ver­län­ge­rung auf insge­samt 12 Monate beantragt werden. Verspä­tete Zahlung führt zu Straf­steuern von bis zu 20%. Die Verjäh­rungs­frist beträgt vier Jahre.

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    Jürgen Bächle

    Jürgen Bächle

    ist seit 1989 als selbständiger Steuer­be­rater und Experte im inter­na­tio­nalen Steuer­recht tätig und seit über 20 Jahren Mitglied im Vorstand des Deutschen Steuer­be­ra­ter­ver­bandes Baden-Württemberg, DSTVBW.

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