BREXIT – Britische Limited umwandeln
BREXIT: Seit dem 1.1.2021 ist das Vereinigte Königreich endgültig nicht mehr Mitglied der EU. Damit gilt eine Vielzahl von Regelungen nicht mehr. Dies betrifft Unternehmen und Privatpersonen, vor allem Arbeitnehmer, die in einem Land leben und in einem anderen Land arbeiten. Ungeachtet des BREXIT gelten aber die bilateralen Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung unverändert weiter.
Inhaltsverzeichnis
BREXIT und das neue Haftungsrecht der Ltd.
Bis Ende 2020 war es möglich, ein Unternehmen in Rechtsform einer Limited (Ltd.) in UK zu gründen und darüber sein Geschäft in Deutschland, anderen Ländern der EU oder auch in der Schweiz zu organisieren. Die Gesellschaft wurde außerhalb Englands wie eine GmbH behandelt. Damit hafteten die Gesellschafter nicht persönlich für Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Nach dem BREXIT ist das anders. Nun haften außerhalb Englands alle Gesellschafter persönlich mit ihrem gesamten privaten Vermögen für die Schulden der Gesellschaft. Die Limited (Ltd.) hat somit seit 2021 ein gespaltenes Haftungsrecht.
1% Anteile an der Limited — 100% persönliche Haftung
Je nach Struktur und Tätigkeit der Gesellschaft wird die Limited (Ltd.) wie auch die Ltd. & Co KG haftungsrechtlich entweder als Einzelunternehmen, als Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bzw. als einfache Gesellschaft oder OHG bzw. Kollektivgesellschaft nach Schweizer Recht behandelt. Das ändert nichts daran, dass die Gesellschaft in UK nach wie vor existent ist. Sie kann auch verklagt werden. Jedoch können sich die Inhaber von Ansprüchen statt an die Ltd. jetzt auch gegen jeden einzelnen Gesellschafter persönlich wenden und ihre Ansprüche auch außerhalb Englands durchsetzen. Dabei spielt die Höhe der Beteiligung keine Rolle. Wer auch nur mit 1% an einer britischen Ltd. beteiligt ist, haftet in Deutschland trotzdem für 100% der Gesellschafts-Schulden.
Im gesamten vereinigten Königreich und den 54 Mitgliedsstaaten des Commonwealth und den meisten Staaten der USA gilt mit dem common law eine grundlegend andere Rechtsordnung, als in den Rechtsordnung, als restlichen Staaten Europas und weiten teilen der übrigen Welt. Hier bildet der aus der französischen Revolution geborene Code Civil die Grundlage der Rechtsordnung. Verträge, die nach Code Civil zu beurteilen sind, haben deshalb meist einen weit geringeren Umfang als Verträge, die nach common law beurteilt werden. Für Unternehmen ist es deshalb ein gravierender Nachteil, wenn sich Anspruchsteller aussuchen können, ob sie die Ltd. oder deren Gesellschafter verklagen und wo sie das tun. Denn im Code Civil beheimatete Festlands-Richter haben einen anderen Blick auf die Rechtslage, als ein britischer oder US-amerikanischer Richter.
Einzelunternehmer, trotzdem Körperschaftsteuer
Das befreit die Gesellschaft jedoch nicht von der Pflicht, die nach britischem Recht erforderliche Buchhaltung und Jahresabschlüsse, sowie Steuererklärungen zu erstellen.
Zudem sind nach deutschem Recht ebenfalls eine Buchhaltung und Jahresabschluss und es sind Steuererklärungen zu erstellen. Obwohl die Ltd. haftungsrechtlich wie eine seitens der Gesellschafter voll haftende OHG zu behandeln ist, unterliegt die Gesellschaft weiterhin der Besteuerung einer Kapitalgesellschaft, zahlt somit Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer. Das ergibt sich aus dem neu eigefügten § 12 (4) KStG. Der Verwaltungsaufwand wird damit erheblich höher. Trotz der Haftung als Einzelunternehmer oder bei der Personengesellschaft zahlt die in Deutschland tätige Ltd. somit Gewerbesteuer, die jedoch nicht auf die persönliche Einkommensteuer angerechnet wird.
Nach dem BREXIT: Keine Befreiung mehr bei der Schenkung- und Erbschaftsteuer
Anteile an einer englischen Ltd. waren vor dem BREXIT hinsichtlich Schenkung- und Erbschaftsteuer in gleicher Weise begünstigt, wie Anteile an jeder anderen Unternehmung in Europa. Nun, nach dem BREXIT, gilt UK als Drittland mit der Folge, dass bei Schenkung, vorweggenommener oder tatsächlicher Erbfolge keine sachliche Befreiung mehr möglich ist und auch Schenkungen an Nichtverwandte nicht mehr wie bisher nach der günstigen Steuerklasse I besteuert werden.
Umsatzsteuer nach dem BREXIT
Daneben ist infolge des BREXIT eine Vielzahl weiterer Änderungen in Kraft getreten, die im Einzelfall geprüft werden müssen. Der Einkauf und Verkauf von Waren und Dienstleistungen unterliegt nicht mehr den innergemeinschaftlichen Regeln der Umsatzsteuer, sondern ist mit vielen Melde- und Nachweispflichten belastet. Grundsätzlich stellt sich daher die Frage, ob die Ltd. noch die richtige Rechtsform für das in der EU tätige Unternehmen ist. Wer als natürliche Person oder als Gesellschaft in Deutschland ansässig ist und seine Geschäfte über eine britische Gesellschaft betreibt, gleichzeitig eine beschränkte Haftung will, der muss handeln.
Sozialversicherung Auswirkungen des BREXIT
Bis Ende 2020 galt die Verordnungen (EG) über soziale Sicherheit auch im Verhältnis zum vereinigten Königreich. Seit dem 1.1.2021 wird zwischen Bestandsfällen und Neufällen unterschieden. Bestandsfälle sind Sachverhalte, die bereits vor dem 1. Januar 2021 eingetreten sind und fortbestehen. Es reicht es aus, wenn Ende 2020 ein grenzüberschreitender Bezug gegeben war. Für diese Arbeitnehmer und Unternehmer kann die A1-Bescheinigung für maximal 24 Monate ausgestellt werden. Das Gleiche gilt für Personen, die sich weiterhin in einem grenzüberschreitenden Sachverhalt befinden und nach dem 31. Dezember 2020 entsandt werden. Hierzu zählen auch britische Staatsangehörige, die weiterhin in Deutschland wohnen und Bürger der EU und der Schweiz, die über den 31. Dezember 2020 hinaus im Vereinigten Königreich wohnen.
Auch bisher familienversicherte Personen bleiben bei Wohnsitz im Vereinigten Königreich weiter familienversichert. Das gleiche gilt für in der Krankenversicherung der Studenten Versicherten, die an einer britischen Hochschule eingeschrieben sind. Somit ändert sich bei fortbestehender, grenzüberschreitender Arbeitnehmer-Tätigkeit nach dem BREXIT vorerst nichts.
Für Neufälle gilt das zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich abgeschlossene Handels- und Kooperationsabkommen. Wer erst ab 2021 nach dem BREXIT vom neuen Abkommen erfasst wird, hat in UK keinen Anspruch auf Leistungen aus der Pflegeversicherung. Im Übrigen aber enthält das neue Abkommen Regelungen für den Bereich der Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, die im Wesentlichen den Bestimmungen der Verordnungen (EG) Nr. 883/2004 und 987/2009 entsprechen.
Regelungen nach dem BREXIT
Ab 01.01.2021 gilt für vom Austrittsabkommen erfasste Personen Folgendes:
- Personen, die in vollem Umfang vom Austrittsabkommen erfasst sind, müssen beim britischen Träger eine EHIC im neuen Design (Citizens‘ Rights-EHIC) bzw. PEB, falls diese noch nicht verfügbar ist, beantragen. Dazu zählen z. B. entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
- Studierende, die gewöhnlich im Vereinigten Königreich wohnhaft sind und seit einem Zeitpunkt vor 31.12.2020 in einem Mitgliedstaat der EU studieren, erhalten eine befristete und nur für den Studienstaat gültige EHIC bzw. eine PEB, falls diese noch nicht verfügbar ist.
Die Änderungen im Bereich der Sozialversicherung sind damit überschaubar.
Änderung der rechtlichen Struktur
Eine Möglichkeit besteht darin, die englische Ltd. umzuwandeln in einer UG oder GmbH. Der Formwechsel kann bis zu 12 Monate in die Vergangenheit zurück verlegt werden. Nach Entscheidung des Inhabers der Gesellschaft kann dies steuerneutral oder unter Aufdeckung der Stillen Reserven geschehen. Damit kann ein erheblicher Steuervorteile verbunden sein, weil man in dem Zuzugsland einen immateriellen Firmenwert schafft, der steuerlich über Abschreibungen abzugsfähig ist. Deutschland und auch die Schweiz bieten dazu attraktive Möglichkeiten an.
Der Umzug des Unternehmens muss nicht im Ganzen erfolgen. Es kann nach dem BREXIT auch ein Teilbetrieb in UK belassen werden, um darüber am britischen Markt tätig zu bleiben. Ob man diesen teil als Ltd. weiterführt, oder ihn zu einer Betriebsstätte des nunmehr ausländischen Unternehmens gestaltet, bleibt der Bewertung der individuellen Situation vorbehalten.
Ebenso unter Fortbestand der britischen Ltd. die Einbringung der Anteile in eine Holding GmbH möglich um, die beschränkte Haftung auf diese Weise zu behalten oder wiederherzustellen. Es ist dann immer noch möglich, später die Anteile der nunmehr britischen Tochtergesellschaft auf die deutsche oder Schweizer Holding zu verschmelzen.