Lohnt ein Umzug in die Schweiz?
Täglich pendeln gut 45.000 Menschen über die Deutsch-Schweizerische Grenze zwischen Wohn- und Arbeitsort.
Seit der Verabschiedung der bilateralen Verträge zwischen den EU-Staaten und der Schweiz im Jahr 1999 ist es zwar einfacher geworden, sich im jeweils anderen Land niederzulassen. Dennoch entscheiden sich viele Arbeitnehmer, gerade auch leitende Angestellte mit höheren Einkommen für eine Trennung von Wohnsitz- und Arbeitsland. Denn es zählt, was nach Verrechnung von Steuern, Abgaben und Wohnkosten unterm Strich an Geld und auch an Lebensqualität übrig bleibt. Gerade auch bei den Steuern lohnt sich ein Vergleich. Es ist ja weithin bekannt, dass die Helvetier ein freundliches und hilfsbereites Volk sind. Die viel gepriesene Harmonie scheint jedoch ihre Grenzen im Steuerwettbewerb der Kantone untereinander zu finden.
Das gilt erst recht für den Steuerwettbewerb benachbarter Staaten. Mit Deutschland wähnte sich mancher Politiker beiderseits des Rheins bereits im Steuerkrieg. Über den unseligen Wink mit der Kavallerie werden wir in Jahren noch den Kopf schütteln. Letztlich aber war das doch der Auftakt zu einem neuen Umgang miteinander. Gottlob hat man sich zusammengesetzt und nun ein revidiertes Abkommen zur Entschärfung des Steuerstreits verhandelt. Im Kern ist dabei gar nicht einmal so viel Neues bestimmt worden, nur dass man künftig offener miteinander umgeht und sich gegenseitig hilft und Auskünfte erteilt.
Schweizer Vielseitigkeit
Nach außen geschlossen auftreten, dafür Vielseitigkeit im Innern pflegen.
So könnte man das Schweizer Steuerrecht charakterisieren. Während die Bundessteuer einheitlich ist, gehen Gemeinden und Kantone eigene Wege nicht nur mit unterschiedlichen Steuersätze, sondern auch darin, dass der eine Kanton die Erbschaftsteuer erhebt, der andre schafft sie ab. Dasselbe gilt für die bei Ausländern gerne beanspruchte Pauschalbesteuerung. Dass der Kanton Zug besonders günstige Steuerkonditionen anbietet, hat sich längst auch bei deutschen Steuerbürgern herumgesprochen.
Ein lediger Arbeitnehmer mit einem Jahreseinkommen von 100.000 CHF wird in Zug mit ca. 9.000 CHF besteuert. Zürich mit seiner hohen Lebensqualität dagegen berechnet ca. 50% mehr, sodass man 14.000 CHF Steuern zahlt. Ob die Steuerersparnis in Zug ausreicht, um die dort höhere Miete zu zahlen steht auf einem anderen Blatt.
Harmonische Kompositionen sind gefragt
Die Vielseitigkeit führt schon innerhalb der Schweiz dazu, dass man Wohnort und Arbeitsort wohl überlegt kombiniert.
Nichts anderes gilt für Arbeitnehmer mit Wohnsitz in Deutschland, die wegen der guten Arbeitsbedingungen gerne in der Schweiz arbeiten. Möglichkeiten dazu bestehen zuhauf, denn beiderseits des Rheins werben die Betriebe um gute Fachkräfte. Wohnen in Deutschland ist im Grenzgebiet zur Schweiz deutlich günstiger als ein vergleichbares Domizil in der Alpenrepublik. Es ist zudem ein hartnäckiges Gerücht, dass man in Deutschland grundsätzlich mehr Steuern zahlen müsste als in der Schweiz.
Die völlig unterschiedlichen Steuerkonzepte beider Länder mit den unzähligen Wahlmöglichkeiten und Gestaltungsrechten gerade des Deutschen Steuerrechts erlauben eine solch pauschale Beurteilung jedoch nicht. Um hier individuell Klarheit zu erlangen lohnt eine fachlich fundierte Beratung allemal. Das gilt vor allem dann, wenn man in einem Staat wohnt und aus einem oder mehreren Ländern Einkommen bezieht oder dort Vermögen hat. Spezialisierte Steuerberater mit der Zusatzqualifikation “Fachberater für Internationales Steuerrecht” sind dafür prädestiniert.
In Deutschland wie auch in der Schweiz zahlt man Steuern nicht einfach auf das Arbeitseinkommen, sondern (nur) auf das gesamte zu versteuernde Einkommen, das sich aus der Verrechnung positiver wie auch negativer Einkünfte ergibt. Unzählige Abzugs-Möglichkeiten und steuerliche Besonderheiten in beiden Ländern führen schließlich dazu, dass man einen qualifizierten Vergleich nur dann durchführen kann, wenn die individuellen Verhältnisse bekannt sind. Um hier individuell Klarheit zu erlangen lohnt eine fachlich fundierte Beratung allemal.
Wohnsitz als Anknüpfungspunkt der Besteuerung
In Deutschland wie auch in der Schweiz werden die jeweils dort ansässigen Personen mit ihrem gesamten Welteinkommen besteuert.
Aber auch wenn kein inländischer Wohnsitz besteht, erheben beide Länder Steuern von Ausländern, wenn diese im Land Einkünfte erzielen. Was aber, wenn man nun zwei Wohnsitze hat, in jedem der beiden Länder also eine Wohnung unterhält? Gründe dafür gibt es genügend, sei es die Ferien-Wohnung, sei es die Zweitwohnung in der Nähe der Arbeitsstelle. In diesen Fällen wird nach sozialen Anknüpfungspunkten entschieden — von wem ist offen — welcher der beiden Wohnsitze als Mittelpunkt der Lebensinteressen gilt. Die Häufigkeit der Nutzung spielt dabei kaum eine Rolle.
Wer fünf Tage die Woche in der “Arbeitswohnung” schläft und am Wochenende zu seiner Familie fährt, der hat seinen Mittelpunkt der Lebensinteressen in Zweifel bei der Familie und nicht am Arbeitsort. Ausnahmen bestätigen die Regel, dazu muss man aber glaubhaft vortragen können. Lässt sich die Frage nicht endgültig klären, was jedoch selten geschieht, so gibt die Staatsangehörigkeit den Ausschlag.
Damit ist jedoch nur die Frage der grundlegenden Zuordnung zu einem Land geklärt. Jemand der nach dieser ersten Prüfung in Deutschland ansässig ist und in der Schweiz arbeitet, würde daher aus seinem Gehalt doppelt besteuert. In Deutschland wegen des Wohnsitzes und in der Schweiz wegen der dortigen Einkaufsquelle. Auf diese Weise würde jede grenzüberschreitende wirtschaftliche Aktivität unterbunden. Daher haben sich Deutschland und die Schweiz auf völkerrechtlicher Ebene auf ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) verständigt.
Welches Einkommen besteuert man wo?
Das Steuerrecht in seiner schier unendlichen Vielfalt macht es einem schon nicht einfach, mit dem Begriff “Einkommen” umzugehen.
So wird man Einkommen als Gegenleistung für geleistete Nichtselbständige Arbeit unterschieden nach Vergütung für die
- ausgeübte Tätigkeit, typisch dafür ist das laufende Gehalt
- anteilige Erfolgsvergütung, dazu zählen Boni, Tantiemen, Optionen
- als Ausfluss einer früheren Tätigkeit, zumeist Renten und Versorgungsbezüge
- Als Entgelt für die Übernahme von Verantwortung, gilt für Aufsichtsrat, Verwaltungsrat
- Entschädigung für entgangenes Einkommen in Gestalt von Einmalzahlungen und / oder Abfindungen
- Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes, konkret gemeint sind Abfindungen
Für bestimmte Berufsgruppen ist zudem zu differenzieren
- öffentlicher Dienst, Leistungen aus öffentlichen Kassen
- Flugbegleitpersonal
- Vorstandsmitglied, Direktor, Geschäftsführer oder Prokurist
Unbeschadet der persönlichen unbeschränkten Steuerpflicht ist in diesem Abkommen für jede Einkunftsart einzeln geregelt, welches Land unter welchen Bedingungen auf die Ausübung seines Besteuerungs-rechtes verzichten muss. Das hört sich verworren an und kann auch zu kuriosen Ergebnissen führen, weil jedes Land schon bei der Definition der Einkunftsart eigene Vorstellungen hat. Die wichtigsten Regelungen seien nachfolgend skizziert:
Vermietung Immobilien
Besteuerung am Ort, in dem die Immobilie liegt
Unternehmensgewinne
Art. 7, Besteuerung am Ort des Unternehmens bzw. der Betriebsstätte (Art. 5)
Dividenden
Art. 10, Wohnsitz des Berechtigten, Steuern bei Zufluss ggf. aber Quellensteuer, die auf Antrag teilweise erstattet wird, ansonsten Anrechnung auf die Steuerschuld im Wohnsitzland
Zinsen
Art. 11, Wohnsitz des Berechtigten, Steuern bei Zufluss ggf. aber Quellensteuer, die auf Antrag teilweise erstattet wird, ansonsten Anrechnung auf die Steuerschuld im Wohnsitzland
Veräußerungsgewinne
Art. 13, Immobilien und Unternehmensvermögen (nicht Anteile an Kapitalgesellschaften) werden in dem Land besteuert, in dem diese Werte liegen. Ansonsten Besteuerung im Wohnsitz- Land. Das gilt auch für Verkauf von Anteilen an einer in der Schweiz ansässigen AG, wenn der Anteilseigner in Deutschland wohnt oder von hier wegzieht!
Selbständige Tätigkeit
Art. 14, Besteuerung am Sitz des Unternehmens, es sei denn es besteht eine Betriebsstätte in anderen Land (Art. 5)
Nichtselbständige Tätigkeit
Art. 15, 15a, Besteuerung an dem Ort, wo die Arbeit physisch ausgeübt wird. Es sei denn es handelt sich um einen Grenzgänger i.S. Art. 15 a
Aufsichts- / Verwaltungsrat
Art. 16, Besteuerung am Sitz der Gesellschaft. Vorsicht Falle.
Ruhegehalt, Renten
Art 18: Besteuerung am Wohnsitz, gilt aber nicht für Renten aus öffentlichen Kassen (BfA bzw. neu DRV, AHV). Dann Art. 19 “Kassenstaatsprinzip”
Wichtig:
Die Doppelbesteuerung wird in unterschiedlicher Weise vermieden. Es gibt Einkunftsarten , in denen nur ein Land die steuern erhebt und das andere Land diese Einkünfte nicht besteuert, also das Ziel durch “Freistellung” erreicht wird. Dazu zählen die Einkünfte als Arbeitnehmer. Andere Einkünfte werden in beiden Ländern besteuert, es wird jedoch die Steuer des anderen Landes angerechnet, sodass es bei der Steuer des höher besteuernden Landes verbleibt. Das ist nicht immer Deutschland!
Ein praktischer Fall
Der Teufel steckt dabei wie so oft im Detail. Das sei an folgendem Beispiel verdeutlicht:
Ein leitender Angestellter eines in Hamburg ansässigen Unternehmens erhält das Angebot, gegen eine Abfindung aus dem Unternehmen auszuscheiden. Mit der Abfindung könnte er sich in eine in Basel ansässige AG einkaufen. Ihm würde dort zunächst Prokura erteilt, später würde er zum Geschäftsführerstellung bestellt. Neben der GF-Stellung wird er zum Verwaltungsrat berufen, das entspricht dem deutschen Aufsichtsrat. Für diese zusätzliche Funktion erhalt er pauschal 15.000 Schweizer Franken pro Jahr. Das Angebot ist verlockend, das Risiko aber nicht abschätzbar.
Deshalb will er erst einmal ein halbes Jahr in Basel als Angestellter arbeiten, bevor er den großen Schritt wagt. Bis dahin soll die Familie in Hamburg bleiben, später würde sie nachkommen. Die Gehaltsregelung sieht ein Jahresgehalt / Salär von 150.000 Schweizer Franken vor, Zusätzlich hat er ein Spesenbudget von 2.000 Franken pro Monat. Zum Teil braucht er das auch, denn die Stellung ist mit Reisen innerhalb der Schweiz und auch außerhalb verbunden, dann meistens innerhalb Deutschlands. Es wird ihm dazu ein Mittelklassewagen im Neuwert von 60.000 Euro zur Verfügung gestellt, das er auch für Privatfahrten nutzen darf. Wenn die Geschäfte gut laufen, gestatten sich die Gesellschafter, die alle auch Geschäftsführer sind in freier Absprache einen Bonus als Nachschlag zum Gehalt.
Im Übrigen hat er noch ein Depot bei der Hamburger Sparkasse, das ihm 10.000 Euro pro Jahr an Zinsen beschert. Die Frau arbeitet als Lehrerin im öffentlichen Dienst, die könnte sich auch an die Schweizer Grenze nach Lörrach versetzen lassen. Sie verdient normalerweise 60.000 Euro pro Jahr, ist aber noch für ein Jahr im Mutterschaftsurlaub. Von ihrem Vater hat sie ein schuldenfreies Mietshaus geerbt, das sie demnächst für 100.000 Euro gründlich renovieren will. Alle weiteren Entscheidung sollen auch unter steuerlichen Aspekten getroffen werden.
Wohnsitzfrage
Solange die Familie in Hamburg lebt und er den Kontakt hält, wird unser leitender Angestellter seinen Mittelpunkt der Lebensinteressen in Hamburg haben.
Damit gilt er als in Deutschland ansässig auch dann, wenn er seine Zweitwohnung in Basel nimmt und mit Ausnahme der zweiwöchentlichen Heimfahrten auch wohnt. Für seine Steuern bedeutet dies zunächst, dass er nach wie vor mit seiner Ehefrau zusammen veranlagt werden kann, weil beide einen Wohnsitz in Deutschland haben. Ob das sinnvoll ist und nicht die getrennte Veranlagung besser ist, das muss später entschieden werden.
Variante 1:
Er nimmt sich eine Zweitwohnung in Freiburg Deutschland, weil man später gerne dort wohnen würde (sehr viele Lehrer-innen zieht es nach Freiburg) und pendelt er täglich mit dem Zug nach Basel.
Variante 2:
Er nimmt sich eine Zweitwohnung in Basel, denn zumindest in der ersten Zeit kann er die beruflichen Gründe seiner Ehefrau außer acht lassen. Die ersparten Fahrtkosten zwischen Freiburg und Basel gleichen die höhere Miete nicht ganz aus, das ist es ihm die zusätzliche Freizeit aber wert.
Steuerpflicht des Arbeitseinkommens
Zunächst hat der leitende Angestellte keine Stellung als Gesellschafter und noch ist er nicht als Prokurist im Handelsregister eingetragen.
Er wird daher besteuert wie ein ganz normaler Angestellter, denn die besonderen Bestimmungen für leitende Angestellte im Sinne des Art. 15 Absatz 4 DBA gelten aufgrund der Verständigungsvereinbarung vom 19.09.2009 nur noch anzuwenden ist für Vorstandsmitglieder, Direktoren, Geschäftsführer oder Prokuristen, die im Handelsregister eingetragen sind. Nach Art. 15 sind seine Einkünfte deshalb nicht in dem Land zu besteuern, in der er ansässig ist sondern in dem Land, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird. Damit sind die Einkünfte grundsätzlich in der Schweiz steuerpflichtig.
Etwas anderes gilt nur dann wenn er als Grenzgänger einzustufen wäre. Dazu müsste er aber täglich bzw. nahezu täglich von seinem Zweitwohnsitz in Deutschland an den Arbeitsort Basel pendeln. Das kann überhaupt nur dann der Fall sein, wenn er sich für Variante 1 mit zweitwohnsitz Freiburg entscheidet. Denn in Variante 2 mit Zweitwohnsitz Basel kann er niemals Grenzgänger werden, besteuert also unter allen erdenklichen Umständen sein Einkommen in der Schweiz.
Aber selbst mit Wohnsitz in Freiburg ist noch nicht geklärt, dass er Grenzgänger im Sinne des Art. 15a DBA ist. Hat er nämlich an mehr als 60 Tagen aus beruflichen Gründen nicht die Möglichkeit, an seinen Wohnort zurückzukehren, dann ist die Grenzgänger Eigenschaft hinfällig und er besteuert wieder als Grundfall am Ort der Arbeitsausübung, also in der Schweiz. Diese berühmte 60-Tage-Regel führt deshalb immer wieder zu Abgrenzungs- und Nachweisproblemen, weil sich an dieser Frage entscheidet, ob Deutschland oder die Schweiz besteuern darf.
60-Tage-Regel
Die Nichtrückkehr muss zum einen erfolgen, es kommt insoweit inhaltlich als auch in Bezug auf die Zählweise auf die Übernachtung an, nicht auf die Tage.
Außerdem kommt es auf die berufliche Veranlassung an und in dem Zusammenhang auf die Zumutbarkeit einer Rückkehr an den Wohnort an. Die Zumutbarkeit der Rückkehr des Arbeitnehmers an seinen Wohnort ist zu verneinen, wenn die Straßenentfernung zwischen Einsatzort und Wohnort mehr als 110 km beträgt oder wenn die für die Wegstrecke benötigte Zeit (hin und zurück) mit den in der Regel benutzten Transportmitteln 3 Stunden übersteigt.
Demgegenüber gilt die Rückkehr grundsätzlich immer als zumutbar, wenn die für die Wegstrecke von der Arbeitsstätte zum Wohnort benötigte Zeit (hin und zurück) mit den in der Regel benutzten Verkehrsmitteln weniger als 2 Stunden beträgt und die Straßenentfernungen unter 90 km liegt. Ferner ist eine Rückkehr an den Wohnsitz in der Regel unzumutbar, wenn der Arbeitgeber die Wohn- bzw. Übernachtungskosten des Arbeitnehmers trägt. Der deutsche Bundesfinanzhof hat sich im BFH-Urteil vom 11.11.2009 (Az. I R 15/09) unlängst erneut mit der Problematik der Nichtrückkehrtage befasst, denn strittig war immer wieder, wie diese zu berechnen sind.
Eintägige Dienstreisen ohne Übernachtung werden danach gar nicht gerechnet, bei mehrtägigen Dienstreisen fällt der Rückreisetag aus der Berechnung, weil an dem Tag ja eine Rückkehr an den Wohnort erfolgt. Keine Nichtrückkehrtage sind auch Krankheitstage während einer mehrtägigen Dienstreise. Dienstreisetage, die auf Wochenenden oder Feiertage entfallen, gehören demgegenüber nicht zu den Nichtrückkehrtagen. Um einen Nichtrückkehrtag handelt es sich jedoch, wenn der Arbeitnehmer während der Dienstreise infolge höherer Gewalt daran gehindert ist, seine Arbeitsleistung zu erbringen (Streik, Unwetter).
Quellenbesteuerung in der Schweiz
Ist der leitende Angestellte wegen Zweitwohnsitz in Basel (Var. 2) oder bei Wohnsitz in Freiburg (Var.1), aber mehr als 60 Nichtrückkehrtagen nicht als Grenzgänger einzustufen, so besteuert er seinen Lohn in der Schweiz.
Er unterliegt einem besonderen Besteuerungsverfahren. Die auf das Gehalt entfallende Quellensteuer, die sich auch nach dem Familienstand und der Anzahl der Kinder richtet wird vom Arbeitgeber einbehalten und an das Steueramt der Gemeinde, in der der Arbeitgeber seinen Sitz oder seine Betriebsstätte hat, abgeführt.
Die Besteuerung in der Schweiz ist mit der Quellensteuer abgegolten. Da nicht alle möglichen steuerlichen Abzüge bereits bei der Quellensteuer für ausländische Arbeitnehmer berücksichtigt werden, können verschiedene Aufwendungen durch einen Antrag auf Tarifkorrektur nachträglich noch berücksichtigt werden. Der Antrag ist bis spätestens zum 31.03. des Folgejahres zu stellen. Hierbei handelt es sich z.B. um Schuldzinsen, Beiträge zur gebundenen Selbstvorsorge, Unterhaltsbeiträge, Betreuungskosten für Kinder, Krankheitskosten, Aufwendungen für auswärtigen Wochenaufenthalt etc. Der rechtzeitig zu stellende Antrag lohnt sich auf jeden Fall, denn zumindest die Kosten für den Wochenaufenthalt dürfen angefallen sein.
Verlegt ein Arbeitnehmer seinen steuerrechtlichen Wohnsitz (Ansässigkeit) in die Schweiz, ohne das er die Niederlassungsbewilligung C besitzt — zunächst wird meist nur die Bewilligung B erteilt — ist er ebenfalls quellensteuerpflichtig. Abzuführen ist die Quellensteuer in diesem Fall an das Gemeindesteueramt des Wohnsitzes. Hier ist jedoch eine nachträglich ordentliche Veranlagung durchzuführen, wenn der Bruttolohn des Arbeitnehmers im Jahr 120.000 CHF übersteigt, bzw. eine ergänzende Veranlagung durchzuführen, wenn noch weitere Einkünfte vorhanden sind. Dieser Fall dürfte aber erst dann eintreten, wenn er sich von der Familie getrennt hätte oder die Familie ebenfalls in die Schweiz nachgezogen ist.
Bei Grenzgängern wird in der Schweiz eine Quellensteuer von 4,5% einbehalten, welche in Deutschland jedoch wieder anrechenbar ist.
Versteuerung der Bezüge in Deutschland
Erfüllt der Arbeitnehmer die Grenzgängereigenschaft, so ist er mit seinen Einkünften in Deutschland steuerpflichtig.
Die Ermittlung des steuerbaren Einkommens richtet sich nun nach deutschem Recht. Neben dem regulären Gehalt muss er in Deutschland auch die weiteren Bezüge versteuern. Dazu zählen die pauschalen Spesenbezüge ebenso wie der Nutzungsvorteil für die private PKW-Nutzung. Die Spesen werden voll dem Lohn hinzugerechnet, nur die nachgewiesenen Ausgaben sind dagegen als Werbungskosten abziehbar. Für die private PKW-Nutzung werden 1% des Brutto-Listenpreises eines Neufahrzeugs angesetzt, auch wenn das Auto gebraucht gekauft wurde oder schon abgeschrieben ist.
Da der Grenzgänger keinen inländischen Arbeitgeber hat, wird kein Lohnsteuerabzug vorgenommen, die klassische Lohnsteuerkarte erfüllt damit keinerlei Zweck, außer dass bei Ehegatten man völlig frei ist, wer welche Lohnsteuerklasse bei sich eintragen lässt. Bis zu Umzug wird er die Klasse 3 gewählt haben seine Ehefrau wegen der geringeren Einkünfte die Klasse 5. Nun können sie getrost wechseln, was in der Regel zu einem höheren verfügbaren Einkommen führt, weil bei der Ehefrau nicht mehr so viel Steuern abgezogen werden und bei ihm — mit Ausnahme der Schweizer Quellensteuer gar keine Steuern abgezogen werden.
Der deutsche Fiskus verzichtet jedoch nicht auf die Steuer. Der Arbeitnehmer wird deshalb in einem Vorauszahlungsbescheid selbst zur Leistung von vierteljährlichen Vorauszahlungen verpflichtet. In diesem Zusammenhang kommt es jedoch nicht nur auf die Höhe der Lohneinkünfte an, sondern es wird die voraussichtliche gesamte Steuer der Ehegatten ermittelt. Diese kann z.B. dadurch auf Null Euro gesenkt werden, dass die hohen Reparaturaufwendungen für das Mietshaus angeführt werden. Denn in der Jahreserklärung werden positive und negative Einkünfte miteinander verrechnet, sodass unter Umständen sich gar kein steuerbares Einkommen mehr ergibt.
Besteuerung der Abfindung, Verständigungsvereinbarung
Mit der Konsultationsvereinbarung vom 17.3.2010 wurde mit die Vereinbarung aus dem Jahre 1992 ergänzt und ist in der neuen Fassung auf alle offenen Fälle anzuwenden.
Für die Besteuerung kommt es auf den Charakter der Abfindung an. Ist einer Abfindung Versorgungscharakter beizumessen — z.B. wenn laufende Pensions-Zahlungen kapitalisiert in einem Betrag ausgezahlt werden, steht das Besteuerungs-recht entsprechend Artikel 18 des Abkommens dem Wohnsitzstaat zu. Dagegen hat der (frühere) Tätigkeitsstaat, in unserem Fall also Deutschland das Besteuerungsrecht, sofern es sich bei der Abfindung um Lohn- oder Gehaltsnachzahlungen oder Tantiemen aus dem früheren Arbeitsverhältnis handelt oder die Abfindung allgemein für das vorzeitige Ausscheiden aus dem Dienst gewährt wird.
Der “goldene Handschlag” ist damit kein Anlass für einen Wohnsitzwechsel in die Schweiz, weil Deutschland auch dann das Besteuerungsrecht behält, wenn der leitende Angestellte vor der Zahlung in die Schweiz auswandert. Dies gilt nicht jedoch für alle Länder.
Wahlrecht der Zusammenveranlagung in Deutschland
Anders als in der Schweiz, wo die Zusammenveranlagung in intakter Ehe lebender Ehegatten Pflicht ist, können sie in Deutschland wählen zwischen getrennter Veranlagung und Zusammenveranlagung.
Auch bei getrennter Veranlagung können bestimmte Freibeträge von einem auf den anderen Ehegatten übertragen werden. Verluste der Ehefrau aus dem Mietshaus können bei Zusammenveranlagung mit den steuerpflichtigen Einkünften des Ehemannes verrechnet werden. Das Wahlrecht kann jedes Jahr neu ausgeübt werden. Das eröffnet den Weg zu Steuerstrategieen. Würde im 1. Jahr beim Ehemann Grenzgängereigenschaft vorliegen (Var. 1) und sie renoviert in diesem Jahr das Haus, dann bleibt das gesamte Einkommen steuerfrei.
Danach könnte der Umzug in die Schweiz erfolgen, oder man lebt in Deutschland, erfüllt über die 60-Tage-Regel aber die Voraussetzungen, um auch bei deutschem Wohnsitz in der Schweiz das Einkommen des Ehemannes zu versteuern. Zieht die Familie in die Schweiz, ist es mit dem Wahlrecht vorbei es sei denn man behält noch einen Zweitwohnsitz in Deutschland. Das kann Sinn machen, denn das Einkommen der Ehefrau aus ihrer Tätigkeit im öffentlichen Dienst wird auf jeden Fall in Deutschland besteuert, auch wenn sie in der Schweiz wohnt.
Keine Verlustverrechnung über die Grenze
Wäre das Einkommen regulär quellensteuerpflichtig in der Schweiz, dann wäre damit die Besteuerung des Arbeitseinkommens erledigt.
Eine Verrechnung mit den Verlusten aus dem Mietshaus erfolgt nicht. Überhaupt sind steuerliche Verluste, auch aus Vorjahren, nicht über die Grenze verrechenbar. Die vordergründig geringere Schweizer Steuer wäre dann am Ende identisch mit der Höhe eines Steuerschadens. Es kommt daher auf die Gesamtsicht an, die steuerlichen Umgebungsfaktoren in der Familie sind für eine Optimierung der Steuerstrategie zwingend mit zu prüfen.
Eintrag der Prokura im Handelsregister
Sobald für den leitenden Angestellten Prokura oder Geschäftsführung im Handels-Register eingetragen ist, ändert sich die Rechtslage dann, wenn er nicht als Grenzgänger einzustufen ist (s.o.).
Denn die Grenzgänger-Regelung in Art. 15a DBA setzt die besonderen Regelungen für leitende Angestellte in Art. 15 Abs. 4 gewissermaßen außer Kraft. Ist Art. 15 a DBA nicht erfüllt, dann gilt für
- Vorstandsmitglieder
- Generaldirektoren
- Direktoren
- Vizedirektoren und
- stellvertretende Direktoren
- Geschäftsführer oder
- Prokuristen
dass sie mit den Einkünften aus dieser Tätigkeit in dem Staat besteuert werden, in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat. Eine Ausnahme ist gegeben, wenn die Tätigkeit so abgegrenzt ist, dass sie lediglich Aufgaben außerhalb des Sitzstaates umfasst. Das Kriterium, dass die Arbeit auch physisch dort erledigt werden muss, gilt in diesen Fällen nicht. Eine bislang nicht geklärte Frage ist die, ob ein wöchentlicher home-office-day zu jeweiligen Nichtrückkehrtagen führt.
Denn an diesen Tagen überschreitet der leitende Angestellte nicht die Grenze, um vom Wohnort zum Arbeitsort und zurück zu gelangen. Damit reduziert sich in dem hier diskutierten Fall die Sonderstellung der eingetragenen leitenden Angestellten auf die Berechnung der Nichtrückkehrtage.
Gesellschafterstellung, Sonderstellung der Boni
Ist jemand an einer Kapitalgesellschaft nicht nur unwesentlich beteiligt, so gilt er im Verhältnis zu der Gesellschaft als nahestehende Person.
In Deutschland wie auch in der Schweiz werden Beziehungen zwischen nahestehenden Personen unter steuerlichen Aspekten eingehend geprüft, wobei die Schweiz an der Stelle großzügiger ist. Der deutsche Fiskus verlangt bei Verträgen zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern, namentlich Gesellschaftern mit einer beherrschenden Stellung, dass die Verträge im Voraus schriftlich und mit klarem, eindeutigem Inhalt abgeschlossen werden. Ist dies nicht erfüllt, sind die Ausgaben z.B. für das Gehalt, Zinsen oder Miete bei der Gesellschaft nicht abziehbar. Stattdessen liegt dann eine sogenannte “verdeckte Gewinnausschüttung” vor. Beim Empfänger erfolgt eine Umqualifizierung der Einkünfte aus Gehalt, Zinsen oder Miete in Einkünfte aus Dividendenbezug.
Diese im deutschen Steuerrecht nachteilige Regelung kann sich in deutsch-schweizer Verhältnissen jedoch ins Positive umkehren. Nach Schweizer Recht sind die am Jahresende gezahlten Boni als Gehalt zu qualifizieren, der Betriebsausgabenabzug steht nicht in Frage. Ein in der Schweiz wohnhafter leitender Angestellter versteuert die Bezüge auch ganz normal als Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit. Sein in Deutschland lebender Kollege, der zugleich auch (beherrschender) Gesellschafter ist, kann sich nun aber auf die fehlende vertragliche Regelung der Boni berufen. Damit sind die Bonus nicht mehr als Gehalt, sondern als Dividende zu besteuern.
Das Besteuerungsrecht für das Gehalt richtet sich nach Art. 15 DBA, die Besteuerung der der Dividenden nach Art. 10. Damit ist schon nicht mehr gesichert, dass Gehalt und Boni im selben Staat besteuert werden. In der Praxis spielt dies aber keine Rolle. Wichtig sind die Fälle, in denen die Ansässigkeit des Steuerpflichtigen in Deutschland gegeben ist und er als Grenzgänger einzustufen ist (s.o.). Nur dann wirkt sich das Auseinanderfallen der Einkünfte aus. Nach deutschem Recht sind Dividenden, dazu zählen auch verdeckte Gewinnausschüttungen zu versteuern als Kapitaleinkünfte (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Diese werden wahlweise mit der pauschalen Abgeltungssteuer von 25% belegt oder, wenn dies günstiger ist, mit 60% der Einnahmen in die reguläre Besteuerung aufgenommen.
Mindestens 40% der Boni wären damit de facto steuerfrei gestellt. Die deutsche Finanzverwaltung hat zwischenzeitlich allerdings erkannt, dass die eigentlich als Verschärfung entwickelte Sichtweise zu nahestehenden Personen sich in bestimmten Fällen als wahre Wohltat für die Steuerbürger erweist. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.
Verwaltungsrat, Infizierung der Einkünfte
Nach Art. 16 DBA sind die Vergütungen der Aufsichtsorgane am Sitz der Gesellschaft zu besteuern, in unserem Fall somit in der Schweiz.
Über Art. 24 DBA ist jedoch geregelt, dass auch der Wohnsitzstaat, d.h. dort wo der Verwaltungsrat ansässig ist, das Besteuerungsrecht hat. Die Doppelbesteuerung wird für VR-Vergütungen anders als bei den freigestellten Gehältern dadurch vermieden, dass die in der Schweiz erhobene Steuer auf die deutsche Einkommensteuer angerechnet wird. De facto bleibt es für den leitenden Angestellter somit bei der deutschen Steuer.
Bei Doppelfunktion, Geschäftsführung und Verwaltungsrat ordnet der deutsche Fiskus jedoch sämtliche Vergütungen als VR-Vergütung ein, obwohl das Gehalt meist den weit überwiegenden Teil ausmacht. Diese Ansicht der Finanzverwaltung wurde in zwei Urteilen des Finanzgerichts Baden-Württemberg bestätigt. Zuletzt Urteil erfolgte dies mit Urteil vom 19.12.2009 — 3 K 131/07, gegen das Urteil ist die Revision zum BFH zugelassen und eingelegt. Da die Urteile somit nicht rechtskräftig sind, lohnt sich auf jeden Fall ein rechtzeitiger Einspruch gegen entsprechende Steuerbescheide.
Nichtsteuerliche Aspekte
Neben den steuerlichen Aspekten sollte sich jeder, der in einem anderen Land eine Tätigkeit aufnimmt oder gar dort lebt über folgende Aspekte informieren
- Das Arbeitsrecht ändert sich, Wegfall von Besitzstand und Kündigungsschutz
- Sozialversicherung, unterschiedliche Leistungen in der Krankenversicherung
- Bei Wegzug: Änderung des Familien- und Erbrechts, ggf. Rechtswahl
- Kulturelle Fragen, Eingliederung der Kinder in der Schule
Fazit
Leitende Angestellte werden im Deutsch-Schweizer Verhältnis unterschiedlich besteuert, je nachdem wie folgende Kriterien erfüllt sind
- Wohnsitz, Doppelwohnsitz, Ansässigkeit
- Eintragung der Prokura, Geschäftsführung im Handelsregister
- Ort der Arbeitsausübung, Reisetätigkeit, home-office
- Grenzgängereigenschaft, 60 Tage
- Gesellschafterstellung, beherrschend, nicht beherrschend
- zusätzliche Funktion als Verwaltungsrat
Die Lebenssachverhalte lassen sich in gewissen Grenzen gestalten, darüber können die Steuerfolgen beeinflusst werden. Oft sind Stufenpläne zielführend.
Besondere Vorsicht ist geboten, wenn mit einem Umzug auch die Verlagerung betrieblicher Funktionen verbunden ist, der leitende Angestellte bzw. sein Ehegatte Anteile an Kapitalgesellschaften hält oder an einem Unternehmen beteiligt ist. In Anbetracht der Komplexität der Thematik, die hier nur andiskutiert werden konnte, ist die Einholung fachlich qualifizierten Rates unbedingt zu empfehlen.