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Besteuerung des Arbeitseinkommens

Attraktiver Arbeitsmarkt, aber…

Die Schweiz ist aufgrund des hohen Lohnniveaus, der Art der Besteuerung des Arbeitseinkommens und auch aufgrund seiner landschaftlichen Schönheit ein attraktiver Arbeitsmarkt für die Angehörigen vieler Berufsgruppen. Infolge des Fachkräftemangels suchen auch viele Schweizer Unternehmen im Ausland nach Arbeitskräften. Dabei stehen rein sachliche Erwägungen im Zentrum.

Daraus abzuleiten, dass die Schweiz ein grundsätzlich weltoffenes Land sei, trifft im Kern jedoch nicht ganz zu. Das erleben vor allem Familien, die mit minderjährigen Kindern in die Schweiz ziehen. Nicht zu Unrecht steht die Schweiz hinsichtlich Kinderfreundlichkeit an vorletzter Stelle der weltweiten Rangliste. Zudem hat die Schweiz nicht nur ein hohes Lohnniveau, sondern auch die Mieten und Lebenshaltungskosten sind exorbitant hoch.

Nicht zuletzt deshalb entscheiden sich viele Familien dafür, die Vorteile der verschiedenen Länder miteinander zu kombinieren. Leben in Deutschland und Arbeiten in der Schweiz ist eine häufig anzutreffende Situation. Daraus resultieren dann auch steuerliche Fragen bezüglich anderer Server Besteuerung des Arbeitseinkommens und zur Zugehörigkeit zu einem der beiden in Frage kommenden Sozialversicherungssysteme.

Inhaltsverzeichnis

Freiheit, sich in der Schweiz niederzulassen und dort zu arbeiten

Die Schweiz hat mit der EU ein Vertragspaket geschlossen, die sogenannten bilateralen Verträge. In § 12 des Freizügigkeitsabkommens (FZA) wird die Personenfreizügigkeit behandelt. Danach erhalten Staatsangehörige der Schweiz und der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) das Recht, Arbeitsplatz und Aufenthaltsort innerhalb der Staatsgebiete der Vertragsparteien frei zu wählen. Die Personenfreizügigkeit wird ergänzt durch Regeln zur gegenseitigen Anerkennung von Berufsdiplomen, der Koordination der Sozialversicherungssysteme sowie dem Erwerb von Immobilien. 

Das Abkommen sieht unter anderem einen diskriminierungsfreien Zugang zu den Arbeitsmärkten der Vertragsparteien für die Staatsangehörigen aus der jeweils anderen Vertragspartei vor. Die Geltendmachung dieses Freizügigkeitsrechts ist jedoch an gewisse Voraussetzungen gebunden. So wird bei unselbständiger Erwerbstätigkeit ein gültiger Arbeitsvertrag verlangt. Selbständig Erwerbende müssen ihre Selbständigkeit hingegen nachweisen können. 

Nach Artikel 45 der Grundrechte-Charta der EU haben die Unionsbürger das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten. Unbeschadet besonderer Bestimmungen der Verträge ist in ihrem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten (Art. 21 Abs. 2). Nach Artikel 16 der Charta wird die unternehmerische Freiheit nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten anerkannt.

Über diese bilateralen Verträge haben in der Schweiz ansässige Personen und Gesellschaften, aber auch EU-Ausländer in der Schweiz, Anspruch auf die Rechte, die sich aus der 1992 eingeführten Unionsbürgerschaft ergeben. Wer als EU-Bürger einen Arbeitsvertrag mit einem in der Schweiz ansässigen Unternehmen nachweisen kann, darf sich ohne weitere Zustimmung ungehindert in der Schweiz niederlassen. In diesem Fall muss die Art der Besteuerung des Arbeitseinkommens korrekt geregelt werden.

Beschränkte und unbeschränkte Steuerpflicht in der Schweiz

Was die Besteuerung des Arbeitseinkommens anbelangt: Die Schweiz erhebt eine Steuer auf das weltweite Einkommen von natürlichen Personen, die in der Schweiz eine persönliche oder wirtschaftliche Zugehörigkeit zur Schweiz haben. Die persönliche Zugehörigkeit erlangt eine Person durch einen Wohnsitz (egal ob Erst- oder Zweitwohnsitz), oder durch den gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz.

Einen steuerrechtlichen Aufenthalt in der Schweiz hat eine Person, wenn sie in der Schweiz ungeachtet vorübergehender Unterbrechung während mindestens 30 Tagen verweilt und eine Erwerbstätigkeit ausübt, oder sich während mindestens 90 Tagen in der Schweiz aufhält und keine Erwerbstätigkeit ausübt. In diesen Fällen erstreckt sich das Besteuerungsrecht auf die weltweiten Einkünfte nicht nur dieser Person, sondern darüber hinaus auch auf die weltweiten Einkünfte des Ehegattens oder des eingetragenen Lebenspartners. Ein Wahlrecht zur getrennten Veranlagung besteht nicht.

Die Schweizer Steuerbehörden vertreten hingegen oft die Ansicht, dass nur ein Erstwohnsitz die persönliche Zugehörigkeit begründet und dies obendrein nur dann, wenn über diesen melderechtlichen Erstwohnsitz auch im Sinne der DBA (Doppelbesteuerungsabkommen) die steuerliche Ansässigkeit in der Schweiz gegeben sei. Diese Interpretation ist durch nichts gerechtfertigt.

Die unbeschränkte Steuerpflicht aufgrund persönlicher Zugehörigkeit erstreckt sich nicht auf Geschäftsbetriebe, Betriebsstätten und Grundstücke im Ausland. Solche Einkünfte und auch die, welche über ein DBA nicht in der Schweiz besteuert werden dürfen, werden in der Schweiz nur satzbestimmend berücksichtigt. Hinsichtlich der Schulden und Zinsen aus dem Auslandsvermögen ist dennoch ein direkter Einfluss auf die schweizer Steuer gegeben. 

Auch im Übrigen beantwortet die Steuerpflicht aufgrund persönlicher Zugehörigkeit noch nicht die Frage, ob aus dem erzielten Einkommen, Steuern in der Schweiz anfallen. Die Schweiz könnte nämlich aufgrund eines DBA gehindert sein, ihr Besteuerungsrecht auszuüben. Das wirkt sich auf die Besteuerung des Arbeitseinkommens aus. Denn ein DBA regelt über die Bestimmung der Ansässigkeit und die Bestimmungen zu den einzelnen Einkunftsarten, und somit welcher der beiden Staaten ganz oder teilweise auf die Ausübung seiner Rechte verzichten muss.

Voraussetzung dafür, dass sich die Bürger und Unternehmen auf ein DBA berufen können, ist, dass sie in einem der beiden Vertragsstaaten einen Wohnsitz bzw. geschäftlichen Sitz haben. So paradox es klingt, man muss also einen Wohnsitz haben, um über ein Doppelbesteuerungsabkommen hinsichtlich bestimmter Einkünfte nicht im Ansässigkeitsstaat besteuert zu werden. 

Die Behörden der beteiligten Länder können zum Beispiel, hinsichtlich der steuerlichen Ansässigkeit, zu völlig unterschiedlichen Bewertungen kommen. Es bleibt dann lediglich der Weg über ein langwieriges Verständigungsverfahren. Dieses findet ohne Mitwirkung des Steuerpflichtigen und auch ohne Mitwirkung der zuständigen Steuerbehörde auf oberster staatlicher Ebene statt. Das Ergebnis wird den Beteiligten nur mitgeteilt, nicht begründet.  

Besteuerung des Arbeitseinkommens: Mehrfach unbeschränkte Steuerpflicht, Ansässigkeit

Soweit Personen neben der Schweiz, aufgrund persönlicher Zuordnung, infolge eines Wohnsitzes, zudem in einem anderen Land einen weiteren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind sie in zwei oder mehr Ländern steuerpflichtig. Damit es bei der Besteuerung des Arbeitseinkommens nicht zur Mehrfachbelastung kommt, hat die Schweiz mit vielen, aber lange nicht mit allen, Staaten ein jeweils bilaterales Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (kurz: DBA) geschlossen. Die DBAs folgen zwar einem einheitlichen Strickmuster, sind aber von Land zu Land inhaltlich dennoch sehr verschieden. Eine Besonderheit bildet das Abkommen mit Deutschland, wobei diese sich insoweit auf die Besteuerung der Arbeitnehmer konzentrieren.

Zunächst ist bei mehreren Wohnsitzen der Mittelpunkt der Lebensinteressen und damit die steuerliche Ansässigkeit im Sinne des jeweiligen DBA zu bestimmen. Dabei folgt man in erster Linie sozialen Anknüpfungspunkten, insbesondere dem Wohnort der Familie oder des Lebenspartners. Auch die Zugehörigkeit zu Vereinen, soziales Engagement, Ehrenämter etc. können Indizien für die Bestimmung des Mittelpunkts der Lebensinteressen sein.

Die Lage des Vermögens und andere wirtschaftliche Interessen sind weitere Kriterien zur Bestimmung des Mittelpunkts. Wenn die Abwägung aller Kriterien zu keinem eindeutigen Ergebnis führt, entscheidet die Staatsangehörigkeit. Es gibt aber auch Menschen, die mehrere Staatsangehörigkeiten haben. Bürger der EU haben zum Beispiel immer mindestens zwei Staatsbürgerschaften: Die nationale, zum Beispiel deutsche, und die EU-Staatsbürgerschaft.

Die steuerliche Ansässigkeit

Dennoch gelingt es so gut wie immer, die steuerliche Ansässigkeit zu bestimmen. Oft geschieht dies jedoch erst im Nachhinein und dann bei der Besteuerung des Arbeitseinkommens mit steuerlicher Rückwirkung für mehrere Jahre.

Kommen den deutschen Finanzbehörden Zweifel daran, ob ein in der Schweiz angemeldeter Arbeitnehmer tatsächlich auch dort ansässig ist, weil er zum Beispiel in Deutschland Angehörige hat und öfters die Grenze überschreitet, er eventuell ein Auto mit deutschem Kennzeichen fährt, er in Deutschland ein Bankkonto unterhält, Strom- oder Gaskunde ist, Miete für eine andere Person bezahlt; Dann gestalten sich die Gespräche mitunter sehr schwierig und führen nicht selten zu hohen Nachzahlungen, die man nur über ein langwieriges und auch teures Verfahren vor dem Finanzgericht anfechten kann.

Unterschiedliche Besteuerung je nach Art des Niederlassungsrechts

Die Schweiz kennt verschiedene Aufenthaltsbewilligungen für Angehörige der Mitgliedstaaten der EU/EFTA

 

Nur der Ausweis C berechtigt bei der Besteuerung des Arbeitseinkommens uneingeschränkt zur ordentlichen Veranlagung in der Schweiz. Inhaber des Ausweises B können bei einem Einkommen ab 120.000 CHF dazu verpflichtet werden, eine Steuererklärung zur ordentlichen Veranlagung abzugeben. Personen, die mindestens 90% ihrer Einkünfte in der Schweiz erzielen, können auf form- und fristgerechten Antrag veranlagt werden. Im Übrigen können Arbeitnehmer zum Beispiel nicht steuermindernd Einzahlungen in die Pensionskasse vornehmen, oder den möglichen Einkauf (rückwirkend für 5 Jahre) in das Schweizer Sozialversicherungssystem steuermindernd geltend machen. Auch weitere steuerliche Vorteile werden ihnen nicht gewährt. Es stellt sich die Frage, ob dies mit den Rechten aus dem FZA und mit den Regelungen in den Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) vereinbar ist. 

§ 2 des FZA verbietet die Diskriminierung der EU-Staatsangehörigen auf Grund ihrer Staatsangehörigkeit, die sich rechtmässig in der Schweiz aufhalten. Das jedoch ist bei Anwendung der Quellenbesteuerung, und zudem noch bei Verweigerung der ordentlichen Veranlagung oder auch nur verspäteter Antragstellung der Fall. Denn für Schweizer Staatsangehörige gelten diese restriktiven Gesetze nicht.

DBA und die Gleichbehandlung

Soweit ein DBA besteht, garantiert die Schweiz in den DBA die Gleichbehandlung mit den Angehörigen des Vertragsstaates. Artikel 25 des DBA Deutschland-Schweiz lautet zum Beispiel: 

Die Staatsangehörigen eines Vertragsstaates dürfen in dem anderen Vertragsstaat weder einer Besteuerung noch einer damit zusammenhängenden Verpflichtung unterworfen werden, die anders oder belastender sind als die Besteuerung und die damit zusammenhängenden Verpflichtungen, denen die Staatsangehörigen des anderen Staates unter gleichen Verhältnissen unterworfen sind oder unterworfen werden können.

In Artikel 25 Absatz 4 ist eine analoge Regelung für die Besteuerung von Unternehmen getroffen. Auch hier dürfen sich keine Nachteile ergeben, wenn eine Person aus Deutschland in ein schweizer Unternehmen investiert. 

 

DBA sind ihrem Wesen nach völkerrechtliche Vereinbarungen. Eine völkerrechtliche Norm, welche die Schweiz angenommen hat, wird Bestandteil der Schweizer Rechtsordnung und erlangt damit innerstaatliche Geltung. Die Bundesverfassung schreibt Bund und Kantonen vor, das Völkerrecht zu beachten. In der Normenhierarchie hat das Völkerrecht grundsätzlich Vorrang vor innerstaatlichem Recht. Rechtsgrundlage dafür sind Artikel 5 der  Bundesverfassung und Artikel 26 des Wiener Übereinkommens. 

Das Gebot der Gleichbehandlung nach den DBA ist daher entgegenstehenden Regelungen im Schweizer Gesetz über die Bundesbesteuerung (DBG) übergeordnet. Solche entgegenstehenden Regelungen finden sich zum Beispiel in dem bereits erwähnten Artikel 83–85 DBG über die grundsätzliche Quellenbesteuerung ausländischer Arbeitnehmer. 

Damit ist die Begrenzung des Rechts auf die ordentliche Veranlagung nur für Schweizer und Ausländer mit Bewilligung C nicht rechtmässig. Wer als Ausländer bei der Besteuerung des Arbeitseinkommens Interesse an der ordentlichen Veranlagung hat, weil er damit Steuern spart, sollte sich auf seine Rechte berufen.

Quellensteuer für ausländische Arbeitnehmer

Das Schweizer Steuergesetz unterscheidet in Artikel 83 DBG zwischen Schweizern (egal wo diese ansässig sind) und Personen, die als ausländische Arbeitnehmer ohne Niederlassungsbewilligung in der Schweiz einen steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt haben. Ehegatten, die in rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe leben, unterliegen nicht der Quellensteuer, solange einer der Ehegatten das Schweizer Bürgerrecht oder die Niederlassungsbewilligung besitzt.

Die anderen in der Schweiz lebenden Ausländer unterliegen bei der Besteuerung des Arbeitseinkommens für ihr Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit einer kantonal unterschiedlichen Quellensteuer und haben nur im Ausnahmefall Anspruch darauf, ordentlich veranlagt zu werden und damit zum Beispiel Leistungen in eine Vorsorgeeinrichtung steuerlich geltend machen zu dürfen. Das jedenfalls ist die Sichtweise der meisten Steuerbehörden. Diese ist jedoch nicht richtig.

Die Frage, ob eine Person über eine Niederlassungsbewilligung verfügt oder nicht, hat damit steuerrechtliche Auswirkungen. Wer als EU-Bürger die notwendigen Nebenbestimmungen erfüllt und zum Beispiel einen Arbeitsvertrag mit einem Schweizer Unternehmen nachweisen kann, der hat jedoch die Niederlassungsfreiheit in der Schweiz aufgrund höherem Recht und erlangt diese nicht etwa über die Bewilligung einer Schweizer Behörde.

Für EU-Bürger sind die Artikel 83–85 DBG daher nicht anwendbar. Das Schweizer Steuerrecht unterscheidet hingegen sogar nach Art der Niederlassungs- „bewilligung“, wobei die originäre Bewilligung aus EU-Recht gar nicht behandelt wird und in der Besteuerung unbeachtet bleibt.

Sonder-Quellensteuer

Nicht zu beanstanden ist die Sonder-Quellensteuer in Höhe von 4,5 % für Grenzgänger im Sinne des Artikel 15 a DBA Deutschland. Denn diese Steuer ist im DBA geregelt und zudem in Deutschland dann auf die lokale Einkommensteuer anrechenbar, wenn der Steuerpflichtige bei der Besteuerung des Arbeitseinkommens überhaupt in Deutschland besteuert wird. Voraussetzung für den, auf 4,5% begrenzten, Abzug ist eine vom deutschen Finanzamt ausgestellte Ansässigkeitsbescheinigung, die jedoch, anders als der Name sagt, nicht die Ansässigkeit im Sinne des Artikel 4 DBA bestimmt.

Denn im Zuge der Bearbeitung der Formulare erfolgt keine Prüfung hinsichtlich des Mittelpunkts der Lebensinteressen. Falls doch, dann nur für den Zeitpunkt der Bearbeitung, nicht aber für die Zukunft und somit nicht für die Verhältnisse, die tatsächlich für die Besteuerung gelten. Veränderungen der tatsächlichen Verhältnisse müssen den Steuerbehörden zwar gemeldet werden, bei der Beurteilung der Ansässigkeit geht es jedoch selten um geänderte tatsächliche, äußerliche Verhältnisse, sondern um Entwicklungen im sozialen, emotionalen Bereich.

Durchführung der Quellenbesteuerung, Übergang zur ordentlichen Veranlagung

Aus Schweizer Sicht unterliegen im Ausland wohnhafte Grenzgänger, Wochenaufenthalter und Kurzaufenthalter für ihr in der Schweiz erzieltes Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit der Quellensteuer nach den Artikeln 83- 85. Dabei ist der Begriff des Wochenaufenthalters ebenso wenig bestimmt, wie der des Grenzgängers. Mit Wochenaufenthalter sind Personen gemeint, die in der Schweiz über einen Wohnsitz verfügen, aber im Sinne des DBA nicht in der Schweiz ansässig sind. Den Begriff des Grenzgängers kennt man in der Schweiz als Kategorie der Aufenthaltserlaubnis (auch ohne Erwerbstätigkeit in der Schweiz); zudem sind „Grenzgänger“ in einigen DBA  als Ausnahmefall zur normalen Besteuerung der Arbeitnehmer genannt und inhaltlich definiert. 

 

Bei der Besteuerung des Arbeitseinkommens wird die Quellensteuer vom Arbeitslohn in der Schweiz in folgenden Fällen erhoben:

  • Arbeitnehmer mit Wohnung in der Schweiz, aber ohne Aufenthaltsbewilligung C 
    Steuer in kantonal unterschiedlicher Höhe 
  • Grenzgänger im Sinne des DBA Schweiz-Deutschland, 
    Steuer 4,5% wird in Deutschland angerechnet
  • Verwaltungsräte (nicht zu verwechseln mit Geschäftsführern)
    Steuer in kantonal unterschiedlicher Höhe 

 

Der Arbeitgeber behält die Steuer ein und zahlt sie an die zuständige Steuerbehörde. 

Erstmals für das Steuerjahr 2021 können nach Artikel 99a DBG sämtliche quellensteuerpflichtige Personen mit einem steuerrechtlichen Wohnsitz in der Schweiz einen Antrag auf nachträglich ordentliche Veranlagung stellen, wenn. 

 

  • mindestens 90%  ihrer weltweiten Einkünfte, einschliesslich der Einkünfte des Ehegatten, in der Schweiz steuerbar sind;
  • ihre Situation mit derjenigen einer in der Schweiz wohnhaften steuerpflichtigen Person vergleichbar ist; oder
  • eine solche Veranlagung erforderlich ist, um Abzüge geltend zu machen, die in einem Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehen sind.

 

Dieser bis spätestens 31. März des Folgejahres in nicht erstreckbarer Frist zu stellende Antrag muss aber nicht in jedem Fall zum Vorteil des Steuerpflichtigen sein. Wer sich den Antrag grundsätzlich überlegt, sollte dies aber vor Ablauf des Steuerjahres tun, um gegebenenfalls noch rechtzeitig steuermindernde Maßnahmen zu treffen.

Nach Artikel 99b DBG kann die Steuerbehörde aber auch bei sogenannten stossenden Verhältnissen, insbesondere betreffend die im Quellensteuersatz einberechneten Pauschalabzüge, von Amtes wegen eine nachträgliche ordentliche Veranlagung zugunsten oder zuungunsten der steuerpflichtigen Person verlangen.

 

Personen, die bei der Besteuerung des Arbeitseinkommens der Quellensteuer unterliegen, werden nachträglich im ordentlichen Verfahren veranlagt, wenn:

  • ihr Bruttoeinkommen in einem Steuerjahr 120.00 CHF  erreicht oder übersteigt; oder
  • sie über Einkünfte verfügen, die nicht der Quellensteuer unterliegen.
  • Der nachträglichen ordentlichen Veranlagung unterliegt auch, wer mit einer in der Schweiz lebenden nicht quellensteuerpflichtigen Person in rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe lebt.

Vertragswidrige Schweizer Rechtspraxis

Die Schweizer Rechtspraxis sieht indes anders aus. Es wird verlangt:

Der Arbeitsantritt einer ausländischen Arbeitskraft bei einem Arbeitgeber in der Schweiz ist bewilligungspflichtig. Grundsätzlich muss der Arbeitgeber das Gesuch zum Erhalt der Arbeitsbewilligung bei der zuständigen kantonalen Behörde in der Schweiz einreichen. 

 

Es geht hier um eine Bewilligung zum Aufenthalt mit Erwerbstätigkeit. Tatsächlich aber haben EU-Bürger die generelle Niederlassungsfreiheit, wenn die entsprechenden  Bedingungen erfüllt sind:

 

Vorliegen eines Arbeitsvertrages

  • befristet
  • unbefristet

 

Dauer des Aufenthaltes beziehungsweise der Erwerbstätigkeit:

  • kurzfristiger Aufenthalt beziehungsweise Erwerbstätigkeit
  • dauerhafter Aufenthalt beziehungsweise Erwerbstätigkeit

 

Es geht somit gar nicht darum, eine Bewilligung zu erteilen, sondern nur um die Prüfung, ob die in den bilateralen Verträgen hinterlegten Nebenbestimmungen erfüllt sind. 

 

Eine Person mit Schweizer Staatsangehörigkeit unterliegt nach dem DBG der ordernichen Veranlagung und nicht der Quellensteuer auf ihr Arbeitseinkommen. Ein unter sonst gleichen Bedingungen in der Schweiz tätiger EU-Staatsangehöriger hingegen wird unter Verweis auf die gegebenenfalls nicht vorhandene Niederlassungsbewilligung C anders behandelt. Das steht dem FZA wie auch dem Grundsatz auf Gleichbehandlung in Artikel 25 DBA entgegen. Danach dürfen die Staatsangehörigen eines Vertragsstaates in dem anderen Vertragsstaat weder einer Besteuerung noch einer damit zusammenhängenden Verpflichtung unterworfen werden, die anders oder belastender sind als die Besteuerung und die damit zusammenhängenden Verpflichtungen, denen die Staatsangehörigen des anderen Staates unter gleichen Verhältnissen unterworfen sind. 

 

Damit sind die Artikel 83 ff. DBG entgegen der Schweizer Rechtspraxis nicht auf Personen anwendbar, welche sich zum Beispiel auf das DBA-Deutschland-Schweiz berufen können.

 

Es stellt sich vor dem Hintergrund des FZA ohnehin die Frage, weshalb die Schweiz bei Dauerarbeitsverträgen meint, dass auch für EU-Bürger eine Arbeitsbewilligung erforderlich sei. Immerhin kommen Arbeitsverhältnisse auch ohne Vorliegen der erforderlichen Bewilligung zustande. Wird die Bewilligung nach Abschluss des Arbeitsvertrages nicht erteilt, kann der Arbeitgeber lohnzahlungspflichtig werden, auch wenn der Arbeitnehmer nicht arbeiten darf. 

EU- und EFTA-Staatsangehörige, die einen Arbeitsvertrag mit einem Schweizer Unternehmen vorweisen können, müssen nach gängiger Praxis dennoch Antragsformblatte einreichen, um eine Arbeits-„Erlaubnis“ zu erhalten. Das Verfahren ist gegenüber EU-Bürgern unzulässig. Denn es widerspricht eindeutig den Vereinbarungen in den bilateralen Verträgen, die über Artikel 5 der  Bundesverfassung und Artikel 26 des Wiener Übereinkommens jedenfalls für EU-Bürger Vorrang vor den nationalen Schweizer Gesetzen haben. Denn EU-Bürger haben einen Rechtsanspruch auf den Zugang zum Arbeitsmerkt und zur Niederlassung in der Schweiz, sie bedürfen dazu keiner Genehmigung durch Schweizer Behörden. Davon unberührt ist die Pflicht, sich ordnungsgemäß anzumelden.

Recht der Meistbegünstigung

Das internationale Privatrecht (IPR; Kollisionsrecht) kommt bei denjenigen privatrechtlichen Sachverhalten zur Anwendung, die einen internationalen Bezug aufweisen. In der Schweiz sind die entsprechenden Regeln im Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht vom 18. Dezember 1987 (IPRG; SR 291) kodifiziert. Einige Bereiche sind durch Staatsverträge geregelt. Gewisse von diesen sind im Rahmen verschiedener Gremien, wie der Haager Konferenz für internationales Privatrecht, der UNO-Kommission für internationales Handelsrecht (UNCITRAL) oder von UNIDROIT, ausgehandelt worden.

Personen, die bei der Besteuerung des Arbeitseinkommens dem Schweizer Steuerrecht unterliegen, können sich auf die Regelungen im DBG berufen. Sie können sich zugleich auf das FZA und das jeweils anwendbare DBA berufen. Widersprechen sich die Regelungen inhaltlich, so kann der Steuerpflichtige sich auf das Recht berufen, das ihn am meisten begünstigt.

Unzulässige Mitverpflichtung des im Ausland lebenden Ehegatten

In allen Code-Civil-Staaten, insbesondere den Staaten der EU, haben Ehegatten im gesetzlichen Güterstand grundsätzlich getrennte Vermögensverhältnisse. Zudem steht es ihnen zum Beispiel in Deutschland frei, statt des gesetzlichen Güterstandes, die reine Gütertrennung ohne Zugewinnausgleich zu vereinbaren. Sie haben zivilrechtlich untereinander auch keine Auskunftspflichten über ihr jeweiliges Vermögen und Einkommen. Soweit sie gemeinsame Veranlagungen freiwillig durchführen oder zum Beispiel aufgrund der Schweizer Steuergesetze durchführen müssen, wird dieser Grundsatz durchbrochen.

 

Im Falle der ordentlichen Veranlagung verlangt die Schweiz von dem im Ausland lebenden Ehegatten die Offenlegung von dessen Einkommen und Vermögen. Dazu haben die Schweizer Behörden jedoch keine hoheitlichen Rechte. Das gilt im Übrigen auch für Schweizer Staatsangehörige, die im Ausland leben und in der Schweiz weder über persönliche noch über wirtschaftliche Zugehörigkeit steuerpflichtig sind.

Der in der Schweiz steuerpflichtige Arbeitnehmer hat keine zivilrechtlich durchsetzbare Handhabe, um an die vom Schweizer Steuergesetz verlangten Informationen zu den Verhältnissen seines Ehegatten zu gelangen. Das Verlangen des Schweizer Steuergesetzes könnte ihn somit daran hindern, in der Schweiz eine Beschäftigung anzunehmen und sich dort niederzulassen. Es liegt insoweit ein Verstoß gegen § 2 des FZA vor mit dem Ergebnis, dass für EU-Bürger die Pflicht zur Zusammenveranlagung in der Schweiz nicht besteht.

Fazit für die Quellenbesteuerung von Arbeitseinkommen bei der Besteuerung des Arbeitseinkommens

Personen mit Wohnsitz und EU-Staatsangehörigkeit können sich hinsichtlich ihres quellenbesteuerten Arbeitseinkommens auf Gleichbehandlung mit Schweizer Staatsbürgern berufen, müssen es aber nicht. Sie können daher ungeachtet der Frist 31. März des Folgejahres bereits während des Jahres die Beendigung der Erhebung von Quellensteuern beantragen und haben Anspruch auf Genehmigung ihres Antrags.

Sie können auch nach Ablauf der Frist des 31. März, bis zum Ablauf der Abgabefrist für die ordentliche Steuererklärung durch Abgabe der Erklärung noch Antrag auf Durchführung der ordentlichen Veranlagung stellen.  Es besteht keine Verpflichtung zur Zusammenveranlagung mit dem Ehegatten, sofern dieser nicht selbst in der Schweiz steuerpflichtig ist.

Jürgen Bächle
Jürgen Bächle

ist seit 1989 als selbständiger Steuerberater und Experte im internationalen Steuerrecht tätig und seit über 20 Jahren Mitglied im Vorstand des Deutschen Steuerberaterverbandes Baden-Württemberg, DSTVBW.

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